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Vorlage - 149/2014  

 
 
Betreff: Fortschreibung der Kreispflegeplanung bzw. Erstellung eines Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes für den Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Beratung, Planung, Prävention   
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses Kenntnisnahme
14.10.2014 
Sitzung Gemeinsame Sitzung des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses geändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme und Zustimmung zum Vorschlag unter Ziffer III.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation

 

Die Zahl der älteren Menschen ist in Baden-Württemberg in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angewachsen. Zu Beginn der 1960er Jahre war jeder zehnte Baden-Württemberger 65 Jahre und älter, 1980 betrug der Seniorenanteil 14%, und 2010 gehörte bereits jeder fünfte Einwohner Baden-Württembergs zur älteren Generation. Diese Veränderung der Altersstruktur hat ihre Ursachen in den anhaltend niedrigen Geburtenzahlen und der steigenden Lebenserwartung. Der Prozess der demografischen Alterung wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch fortsetzen. So kommt die aktuelle Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamts für Baden-Württemberg zu dem Ergebnis, dass bereits im Jahr 2020 der Seniorenanteil auf über ein Fünftel (22%) der Bevölkerung angewachsen sein wird, und dass im Jahr 2040 annähernd jeder dritte Baden-Württemberger (29%) 65 Jahre und älter sein könnte.

 

Gleichzeitig steigt auch die Zahl der pflegebedürftigen älteren Menschen. Unter der Voraussetzung, dass sich das Pflegerisiko der einzelnen Altersjahre künftig nicht wesentlich verändert, könnte die Zahl der Pflegebedürftigen allein aus demografischen Gründen bis zum Jahr 2030 um 43% ansteigen. Bis zum Jahr 2050 könnte die Zahl pflegebedürftiger Menschen sogar um 91% zunehmen, das heißt sich fast verdoppeln.

 

Die Tendenz hin zur professionellen Pflege in Pflegeheimen sowie durch ambulante Pflegedienste wird sich wohl auch in Zukunft fortsetzen. Dabei wird die Zahl der Pflegegeldempfänger vergleichsweise schwächer zunehmen als die der ambulant und stationär Gepflegten. Dies erklärt sich allein schon daraus, dass die Zahl der pflegeintensiveren älteren Jahrgänge stärker ansteigen wird, als die Zahl der sogenannten „jungen Alten“. Darüber hinaus werden sich voraussichtlich aber auch die Familienstrukturen weiter verändern. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Pflege durch Familienangehörige wohl künftig immer weniger gewährleistet werden kann. Aufgrund der demografischen Entwicklung, aber auch aufgrund zunehmender gesellschaftlicher Mobilität und höherer Erwerbsbeteiligung von Frauen ist damit zu rechnen, dass das notwendige private Pflegepotenzial wie Partnerinnen oder Partner bzw. Kinder oder Schwiegerkinder immer seltener für die häusliche Pflege zur Verfügung stehen wird.

 

Diese Entwicklungen erfordern eine vorausschauende bedarfsgerechte Pflegeinfrastruktur. Auf der Grundlage des Landespflegegesetzes für Baden-Württemberg (LPflG), dessen Zweck es ist, die notwendige Grundversorgung der Bevölkerung durch eine möglichst wohnortnahe, leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgungsstruktur zu gewährleisten, haben die Stadt- und Landkreise entsprechend den örtlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten räumlich gegliederte Kreispflegepläne zu erstellen und den Bestand, den Bedarf und die erforderlichen Maßnahmen zur Bedarfsdeckung darzustellen.

 

Der Sozialausschuss hat in seiner Sitzung am 9. Juli 2013 dem Vorschlag der Verwaltung zugestimmt, den Kreispflegeplan des Ostalbkreises auf der Basis der neu berechneten Bedarfseckwerte für die stationäre und teilstationäre Pflege bis zum Jahr 2020 fortzuschreiben.

 

 

II. Weiterentwicklung der Planungskonzeption

 

Das Konzept des Ostalbkreises zur Fortschreibung der Kreispflegeplanung berücksichtigte – analog zu den früheren Kreispflegeplanungen – bislang lediglich die Bereiche Dauer-, Kurzzeit- und Tagespflege. Eine umfassende Betrachtung einer zukunftsorientierten Seniorenpolitik außerhalb des Themas „Pflege“ war nicht vorgesehen. Verschiedene Entwicklungen auf Länderebene und Erfahrungen aus anderen Landkreisen haben die Verwaltung zwischenzeitlich dazu bewogen, ihre Konzeption zu überdenken.

 

Mit der Verpflichtung der Stadt- und Landkreise zur Entwicklung seniorenpolitischer Gesamtkonzepte hat das Land Bayern beispielsweise die traditionelle „Altenhilfe“ weit hinter sich gelassen und auf der Grundlage der demografischen Entwicklung nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“ Maßnahmen zur Weitentwicklung der Seniorenarbeit entwickelt.

 

Die Stadt- und Landkreise sind nach bayrischem Landesrecht verpflichtet, den erforderlichen längerfristigen Bedarf an Pflegeeinrichtungen festzustellen. Die Bedarfsermittlung ist Bestandteil eines integrativen, regionalen seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes, das nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ die Lebenswelt älterer Menschen mit den notwendigen Versorgungsstrukturen sowie neue Wohn- und Pflegeformen für ältere und pflegebedürftige Menschen im ambulanten Bereich umfasst. (Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze – AGSG, Art. 69)

 

Mittlerweile wurde von rund 70 Stadt- und Landkreisen in Bayern ein solches seniorenpolitisches Gesamtkonzept erarbeitet.

 

Auch Baden-Württemberg will in der Politik für ältere Menschen einen Perspektivwechsel herbeiführen. Das Alter soll nicht nur als Lebensphase voller Sorgen und Hilfebedürftigkeit begriffen werden. Der Blick soll vielmehr auf die Fähigkeiten von älteren Menschen gerichtet werden. Dazu wird derzeit auf Landesebene ein Konzept erarbeitet, das Orientierung für eine gute Politik für und mit älteren Menschen geben soll. Das Sozialministerium entwickelt gemeinsam mit den anderen Ministerien einen sogenannten „Kompass Seniorenpolitik“. Es soll herausgestellt werden, welche Kompetenzen die Menschen im Alter haben und wie diese Potenziale besser aufgegriffen werden können. So wird besser erkennbar, welche Chancen für die Menschen in dieser Lebensphase liegen. Trotzdem müssen aber nach wie vor auch die Bedürfnisse der Älteren gesehen werden, damit sie die Unterstützung erhalten, die in ihrer jeweiligen Situation notwendig ist.

 

Der „Kompass Seniorenpolitik“ soll Anfang nächsten Jahres vom Kabinett beschlossen und umgesetzt werden.

 

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen erwägt auch die Verwaltung des Ostalbkreises, ein Seniorenpolitisches Gesamtkonzept zu erarbeiten. Ein solches Konzept könnte folgende Handlungsfelder beinhalten:

 

­        Demografische Entwicklung

­        Integrierte Orts- und Entwicklungsplanung

­        Wohnen zu Hause

­        Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit

­        Präventive Angebote

­        Gesellschaftliche Teilhabe

­        Bürgerschaftliches Engagement von und für Seniorinnen und Senioren

­        Betreuung und Pflege (einschließlich Pflegebedarfsermittlung)

­        Unterstützung pflegender Angehöriger

­        Angebote für besondere Zielgruppen (z. B. gerontopsychiatrisch Erkrankte, alt gewordene Menschen mit Behinderung, ältere Menschen mit Migrationshintergrund …)

­        Kooperations- und Vernetzungsstrukturen

­        Hospiz- und Palliativversorgung

 

Dabei sollen auch lokale Planungen und Initiativen berücksichtigt werden, wie z. B. das Schwäbisch Gmünder Seniorennetzwerk.

 

 

III. Weiteres Vorgehen

 

Das von der Verwaltung angedachte Konzept erfordert umfangreiche Datenerhebungen und Analysen, ggf. Bürgerbefragungen sowie die Entwicklung von Handlungsempfehlungen. Da dies neben den anderen Planungsaufgaben die zeitlichen Ressourcen der Sozialplanung übersteigt, schlägt die Verwaltung vor, die Unterstützung eines Fachinstituts in Anspruch zu nehmen.

 

Eine endgültige Entscheidung soll nach Vorliegen der konkreten Rahmendaten (Inhalte, Kosten, zeitliche Planung etc.) getroffen werden. Die Verwaltung wird diesbezüglich mit den in Frage kommenden Instituten bzw. Institutionen Kontakt aufnehmen und dem Sozialausschuss zu gegebener Zeit einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten und zur Beschlussfassung vorlegen.

 


Finanzierung und Folgekosten

 

Die Kosten für die Inanspruchnahme externer Dienstleistungen können im Moment noch nicht beziffert werden.

 


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Stabsstelle

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Joklitschke                                                        Weiß

 

 

Dezernent

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel