Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung
Der Ausschuss für Bildung und Finanzen empfiehlt / Der Kreistag beschließt:
I - Sachverhalt/Begründung
Die Zahl der Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland Asylanträge stellen, ist sprunghaft angestiegen. Auch für den Ostalbkreis bedeutet diese Entwicklung eine immer größer werdende Herausforderung. Allein im Jahr 2013 musste der Landkreis neuen Wohnraum für ca. 450 Flüchtlinge schaffen. Land und Bund rechnen damit, dass auch in diesem Jahr der Zugang unvermindert anhalten wird. Das Landratsamt ist deshalb dringend auf die Anmietung oder Schaffung von weiteren Unterkunftskapazitäten angewiesen.
Lange Zeit waren auf Kreisebene die beiden Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber in Aalen (Ulmer Straße 117; Kapazität: 110 Bewohner) und Schwäbisch Gmünd auf dem Hardt (ehem. Kasernengebäude, Oberbettringer Straße 172; Kapazität: 220 Bewohner) ausreichend. Mittlerweile sind - verteilt über den ganzen Ostalbkreis - 22 Objekte angemietet. Ein Objekt (Wohncontaineranlage Haller Straße 22, Ellwangen) befindet sich im Eigentum des Kreises auf einem städtischen Grundstück. In diesen 23 Objekten waren Ende April 2014 insgesamt 710 Bewohner untergebracht. Die Belegungskapazität beträgt derzeit 746, wobei monatliche Zugangszahlen von über 50 Personen den Druck ungemein erhöhen.
Die Landkreisverwaltung kann gegenwärtig die laufenden Zuweisungen bildlich gesprochen nur „von der Hand in den Mund“ durch die Anmietung einzelner Wohnungen bewältigen. Dies gestaltet sich immer schwieriger, zumal vom Instrumentarium einer Zuweisungsquote auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden bislang noch nicht Gebrauch gemacht wird. Die Landkreisverwaltung ist dringend auf den Neubau einer entsprechenden Gemeinschaftsunterkunft für die Unterbringung einer größeren Anzahl von Flüchtlingen angewiesen, da die bestehende Gemeinschaftsunterkunft im Bereich Hardt - unabhängig von der schlechten baulichen Substanz und all den daraus resultierenden Problemen - nur noch befristet zur Verfügung steht.
II - Städtebauliche Neuordnung in Schwäbisch Gmünd auf dem Hardt und Standortsuche für eine neue Gemeinschaftsunterkunft auf städtischem Gebiet
Im Bereich der größten Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt hat die Stadt Schwäbisch Gmünd eine baurechtliche Neuordnung mit dem Bebauungsplan „Am Sonnenhügel“ vorgenommen. Zwischen der Dienststelle des Landratsamts (Oberbettringer Straße 166) und dem Baubetriebshof der Stadt soll ein attraktives Gebiet für „junges Wohnen“ entstehen. Vor diesem Hintergrund ist die Anmietung der ehemaligen Kaserne im Bereich Hardt von der Stadt Schwäbisch Gmünd nur befristet vorgenommen worden. Im Bewusstsein ihrer sozialen Verantwortung hat die Stadt Schwäbisch Gmünd die Landkreisverwaltung in der Folge bei der Suche nach alternativen Gebäuden und Standorten für die Unterbringung von Flüchtlingen sehr unterstützt. So ist vorgesehen, im ehemaligen Standort des Jobcenters das Gebäude Benzholzstraße 6 für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen.
Als weiterer Standort ist vorgesehen, das Grundstück an der Oberbettringer Straße zwischen dem Kreisberufsschulzentrum und der Wohnbebauung in östlicher Richtung zu nutzen und dort ein entsprechendes Gebäude zu errichten.
III - Durchführung eines beschränkten Planungswettbewerbs
Ausgehend von dem Bewusstsein, dass der Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft zur Unterbringung von Flüchtlingen nicht nur der besonderen Lebenssituation der betroffenen Personen gerecht werden muss, sondern sich auch in städtebaulicher Hinsicht gut in die Umgebungsbebauung integrieren sollte, wurde in enger Abstimmung mit der Stadt Schwäbisch Gmünd ein beschränkter Planungswettbewerb unter Beteiligung von drei lokalen Architekturbüros durchgeführt.
Für die anspruchsvolle Aufgabenstellung haben die Büros Architekturlabor Hoiker, Klaiber & Oettle Architekten und Ingenieure sowie das Architekturatelier Sonnentag auf Grundlage des vorgegebenen Raumprogramms jeweils Vorschläge eingereicht und am 10. April 2014 vorgestellt.
Die Planungsvarianten der drei Architekturbüros wurden hinsichtlich städtebaulicher Einfügung, Konstruktion, Funktionalität, Herstellungskosten und der Bauzeit bewertet. Der Bewertungskommission gehörten an: Herr Landrat Pavel, Herr Oberbürgermeister Arnold, Herr Baubürgermeister Mihm, Herr Sozialdezernent Rettenmaier und Herr Architekt Kikowatz, Geschäftsbereich Gebäudemanagement.
IV - Erläuterung der Entwürfe
IV - 1. Architekturlabor Hoiker Die Anordnung der einzelnen funktionalen Baukörper als Wohn-, Gemeinschafts- und Haupthaus erfahren eine klare Zuordnung und eine achsiale Zuweisung. In den zweigeschossigen Wohneinheiten gibt es eine klare übersichtliche Zuordnung von Wohn- und Nutzräumen zu den Verkehrswegen. In die Größe der einzelnen Wohngebäude kann eine sozialverträgliche Anzahl von Bewohnern untergebracht werden. Die Gebäude mit den Gemeinschaftsräumen und die einzelnen Wohngebäude bilden einen gemeinsamen Innenhof mit einer teilweisen Überdachung. Dadurch sind die einzelnen Gebäude optisch miteinander verbunden und verkehrsmäßig eindeutig erschlossen. Dieser Entwurf lässt eine vorgefertigte Elementbauweise (Modul- oder Tafelbauweise) zu. Insgesamt ist eine Balance zwischen einer einfachen Unterbringung und Wohnen gegeben.
+ Modulares Konzept + Zweckdienliche Anzahl von Bewohnern pro Wohneinheit + Balance zwischen einfacher Unterbringung und Wohnen + Wirtschaftliche Konzeption
IV - 2. Sonnentag Architekturatelier Die Anordnung der zweigeschossigen Wohnhäuser umschließt einen gemeinsamen Außenbereich, der als Gemeinschaftsplatz einen Ort der Begegnung, aber auch die Erschließung zu den einzelnen Gebäuden vorgibt. Der Gebäudekomplex ist nach den städtebaulichen Vorgaben an einer Grünzone in Nord-Süd Richtung ausgerichtet, mit einer Anbindung an die Oberbettringer Straße. Die städtebauliche Platzgestaltung bindet die verschiedenen Gebäudeeinheiten zusammen. In den Wohneinheiten sind die Funktionsbereiche differenziert gestaltet. Jedoch ist die Auffindung der Eingänge als Schwäche in der Adressbildung anzumerken.
+ Städtebauliche Platzgestaltung + Differenzierte Gestaltung des Innenraums - Adressbildung weniger stark ausgeprägt
IV - 3. Klaiber & Oettle Architekten und Ingenieure Die städtebaulichen Vorgaben hinsichtlich der Orientierung an eine Grünzone in Nord-Süd Richtung liegen in ausgeprägter Form bei der Anordnung des Gebäudekomplexes vor. Die Gebäude mit teilweise gemischter Nutzung sind in dreigeschossiger Bauweise vorgesehen. Trotz der Ausrichtung zur Oberbettringer Straße ist die Erschließung von Haupt- und Nebengebäude nicht eindeutig differenziert. Die Fassadengestaltung besticht durch hohe architektonische Qualität. Die Auffindbarkeit der Eingänge als äußere als auch interne Erschließung ist schwierig. Unwirtschaftlich wirkt sich der hohe Anteil der Verkehrsflächen aus.
+ Präziser und klarer Auftritt der Architektur - Adressbildung und Erschließung weniger klar erkennbar - Hoher Anteil an Verkehrsflächen
V - Entscheidung der Bewertungskommission
Nach Auffassung der Bewertungskommission wird der Entwurf des Architekturbüros Hoiker den Planungsvorgaben und einzelnen Belangen am besten gerecht. Die Konzeption berücksichtigt insbesondere auch bauliche und nutzungsrelevante Veränderungen. Mit diesem Entwurfskonzept ist auch grundsätzlich eine künftige Erweiterung des Gebäudekomplexes möglich. Die architektonischen und städtebaulichen Gesichtspunkte werden erfüllt. Die zwischenzeitlich auf der Basis der Entwurfsarbeit des Architekturbüros Hoiker überarbeitete Planung sieht drei jeweils zweigeschossige Gebäude für insgesamt 144 Personen, ein Gemeinschaftshaus und ein Verwaltungsgebäude vor.
VI - Flächen - Kosten - Kennwerte
Das Raumprogramm (Anlage 5) für die Neubauplanung der Gemeinschaftsunterkunft auf dem Hardt ist in Zusammenarbeit zwischen den Geschäftsbereichen Gebäudemanagement und Integration und Versorgung entwickelt worden. Um den künftigen Mindestanforderungen zur Aufnahme von Flüchtlingen in Baden-Württemberg (§ 8 Abs. 1 Satz 4 FlüAG neu) entsprechen zu können, wurden bereits die jedem Flüchtling zustehenden 7,0 m² für den Schlaf- und Wohnbereich berücksichtigt.
Damit ergibt sich für die Unterkunft mit dem geplanten Ansatz im Entwurf des Architekturbüros Hoiker bei 144 Personen der Bedarf von knapp über 1.000 m² reine Nutzfläche zum Wohnen. Darüber hinaus sind sechs Mitarbeiterbüros, ein Hausmeisterbüro, eine Hausmeisterwerkstatt, drei Schulungsräume inkl. Gebetsraum, ein Waschraum und entsprechende Sanitär- und WC-Anlagen umzusetzen. Somit erfordert das Raumprogramm eine Gesamtnutzfläche von 2.577 m². Unter Berücksichtigung der Verkehrsfläche (VF) und der Konstruktionsfläche (KF) ergibt sich eine Bruttogrundfläche von 3.004 m². Bei einer Kostenschätzung mit den Baukostengruppen 200, 300, 400, 500 und 700 wird eine Summe von 3.240.000 € angesetzt. Der gemittelte Preis pro Quadratmeter liegt damit bei 1.079 €/m². Eine detaillierte Auflistung ist dem Raumprogramm (Anlage 5) zu entnehmen.
In der nachfolgenden Tabelle sind die wesentlichen Kenndaten der drei Arbeiten aufgeführt. Auch die Überarbeitung der Arbeit des Büros Hoiker ist berücksichtigt.
KG 300 = Bauwerk; KG 400 = Haustechnik; NF = Nutzfläche; NNF = Nebennutzfläche; VF = Verkehrsfläche; GNF = Gesamtnutzfläche; BGF = Bruttogrundfläche; KF = Konstruktionsfläche; UBR = Umbauter Raum
Die Vorgabe der Unterbringung von 100 Personen wurde von allen drei Arbeiten weitgehend eingehalten. Bei der Überarbeitung durch das Büro Hoiker konnte auf Lagerfläche zugunsten zusätzlicher Wohnfläche verzichtet werden. Die Arbeit des Architekturbüros Hoiker ist wirtschaftlich und effizient. Dies zeigt sich insbesondere im Verhältnis der Nebennutzflächen und Verkehrsflächen zu den eigentlichen Nutzflächen, welches bei der Entwurfsarbeit Hoiker mit 17 % sehr günstig liegt.
Im Entwurf des Büros Hoiker sind die Quadratmeterpreise für die Erstellung der Häuser und der Gemeinschaftsräume günstig, insbesondere im Vergleich zu den anderen Arbeiten. Diese Quadratmeterpreise beziehen sich ausschließlich auf die Kostengruppe 300 (Bauwerk) und 400 (Haustechnik). Diese beiden Kostengruppen sind in allen Entwürfen vergleichbar. Das Gebäudemanagement hat diese Zahlen mit Hilfe des sog. Baukostenindex geprüft und festgestellt, dass eine Umsetzung auf dieser Basis trotz den derzeit hohen Baukosten bzw. Hochkonjunktur realistisch ist. Die bauliche Ausführung (Wände/Decken/Böden/Fassade) erfolgt mit einfachen, robusten und preisgünstigen Materialien.
Die Kosten für die Ausstattung der Gemeinschaftsunterkunft wurden von der Verwaltung aus Erfahrungswerten durch die Einrichtung von anderen Unterkünften ermittelt. Die Ausstattung der Bewohnerzimmer wird dabei mit 114.000 € angesetzt. Die Gesamtausstattung wird mit 349.600 € angesetzt. Diese Mittel sind im Haushaltsplan 2015 bereitzustellen. Die ausführliche Darstellung ist als Anlage 4 beigefügt. Die bisherige Möblierung aus der Gemeinschaftsunterkunft Hardt-Kaserne wird soweit brauchbar in der neuen GU Benzholzstraße 6 weitergenutzt.
VII - Weiteres Vorgehen
Die Bau- und Herstellungskosten einschließlich der Gestaltung der Außenanlagen betragen nach der Kostenschätzung des Architekturbüros Hoiker vom 17.04.2014 rund 3.240.000 €. Nach der Zustimmung des Kreistags zum geplanten Neubauvorhaben sollen in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Hoiker die Planung und Ausschreibung so vorangebracht werden, dass noch im Jahr 2014 der Baubeginn erfolgen kann. Eine Baufertigstellung wäre danach voraussichtlich bis Mitte des Jahres 2015 möglich.
Der Entwurf Hoiker ist mit den geplanten Modulen in optimaler Weise für eine konventionelle aber auch eine Funktionalausschreibung vorbereitet. In Hinblick auf eine kurze Bauzeit und eine rasche Nutzungsmöglichkeit besteht derzeit die Tendenz zur Ausschreibung eines Generalunternehmers, wobei die Materialfrage noch einer näheren Betrachtung bedarf. Finanzierung und Folgekosten
Im Haushaltsplan 2014 stehen für die Bereitstellung von Gemeinschaftsunterkünften 2.000.000 € im Finanzhaushalt zur Verfügung. Rund die Hälfte dieses Betrags wird für die bereits erfolgte bzw. noch erforderliche Bereitstellung und Nutzbarmachung von Gebäuden zur Flüchtlingsunterkünften im gesamten Kreisgebiet benötigt. Der restliche Finanzbedarf für Bau und Ausstattung der geplanten Gemeinschaftsunterkunft ist im Haushaltsplan 2015 bereitzustellen.
Anlagen
Anlage 1 Überarbeiteter Entwurf des Architekturbüros Hoiker (1. Preisträger) Anlage 2 Kostenschätzung des Architekturbüros Hoiker vom 17.04.2014 Anlage 3 Zahlen zur aktuellen Aufnahmesituation im Ostalbkreis Anlage 4 Kostenschätzung zur Ausstattung des geplanten Neubaus v. 22.05.2014 Anlage 5 Raumprogramm (überarbeiteter Entwurf Architekturbüro Hoiker) Anlage 6 Wettbewerbsarbeit Architekturbüro Hoiker (1. Preisträger) Anlage 7 Wettbewerbsarbeit Architekturbüro Sonnentag (2. Preisträger) Anlage 8 Wettbewerbsarbeit Architekturbüro Klaiber und Oettle (3. Preisträger)
Sichtvermerke
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