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Vorlage - 113/2013  

 
 
Betreff: Angemessene Unterkunftskosten im Rahmen des SGB II und des SGB XII im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Soziales Beteiligt:Jobcenter Ostalbkreis
Beratungsfolge:
Sozialausschuss Kenntnisnahme
09.07.2013 
Sitzung des Sozialausschusses ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

 

 

Die Verwaltung wird beauftragt zur Regelung der angemessenen Kosten der Unterkunft im SGB II und SGB XII einen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel erstellen zu lassen.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Im Rahmen des Sozialhilferechts (Bundessozialhilfegesetz -BSHG- bis 2004, SGB XII ab 2005) und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II seit 2005) wurde und wird vom Gesetzgeber geregelt, in welchem Umfang die Kosten des Leistungsberechtigten für Unterkunft anerkannt werden.

 

Die Kosten sind grundsätzlich für den Einzelfall zu beurteilen. Die Praxis hat aber immer Obergrenzen definiert.

 

Die aktuelle Obergrenze wurde ab 2005 aus den bis dahin für das BSHG geltenden Regelungen übernommen. Der Sozialausschuss des Ostalbkreises hat 1997 beschlossen, dass für das BSHG im Ostalbkreis die Angemessenheit der Unterkunftskosten entsprechend der Haushaltsgröße nach den Höchstbeträgen des § 8 Wohngeldgesetz für Neubauten ermittelt wird. Der sich daraus ergebende Betrag ist z. B. für einen 1-Personen-Haushalt in Aalen 243,00 € in Schwäbisch Gmünd 259,00 € und in kleineren Kreisgemeinden 228,00 €. Im Einzelfall wird dieser Wert um bis zu 40,00 € erhöht. Zum 01.01.2009 wurde das Wohngeldgesetz novelliert. Dabei fiel die Unterscheidung nach Baujahren weg und die Städte und Gemeinden des Ostalbkreises wurden in andere, teilweise höhere, Wohngeldstufen eingeteilt.

 

§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt aktuell, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen sind, soweit diese angemessen sind. Was angemessen ist, hat die zuständige Behörde im Einzelfall zu bestimmen; es ist damit von dieser der unbestimmte Rechtsbegriff „angemessen“ auszufüllen. Entsprechendes gilt für das SGB XII.

 

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere die Entscheidung vom 22.09.2009 verlangt, dass für die Ausfüllung des Begriffs der angemessenen Unterkunftskosten der jeweilige Kostenträger ein schlüssiges Konzept im Sinne dieser Rechtsprechung verfügbar haben muss. Das Bundessozialgericht stellt folgende methodischen Anforderungen an die Erarbeitung eines schlüssigen Konzepts:

 

?         Pro Haushaltsgröße müssen angemessene Wohnflächen definiert werden.

?         Es muss eine abstrakte Angemessenheit der Unterkunftskosten für die jeweils angemessene Wohnfläche ermittelt werden. Hierzu muss schlüssig definiert werden, welchen räumlichen Umfang die Datenerhebung hat ( es müssen Vergleichsräume gebildet werden).

?         Es muss der Gegenstand der Datenerhebung (die Qualität des Wohnraums) definiert werden.

?         Es muss der zeitliche Umfang der Datenerhebung schlüssig sein.

?         Es müssen geeignete Datenquellen herangezogen werden, das heißt es müssen Bestandsmieten und Angebotsmieten für jeden Wohnraum erhoben werden.

?         Es müssen der Umfang und die Repräsentativität der Datenerhebung gesichert sein. Die Daten müssen objektiv und valide sein.

?         Bei der Auswertung müssen die statistischen Grundsätze einer Datenauswertung berücksichtigt werden.

?         Die Schlussfolgerung aus der Datenanalyse muss nachvollziehbar sein.

 

Es muss weiterhin nachgewiesen sein, dass Wohnraum im Rahmen der abstrakten Angemessenheitshöhe konkret verfügbar ist.

 

In den Folgejahren hat die Rechtsprechung ergänzt, dass soweit ein Leistungsträger (Kreis) kein schlüssiges Konzept vorliegen hat, die jeweilige Wohngeldobergrenze zuzüglich eines Betrags von 10 % zur Bestimmung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 SGB II herangezogen werden kann.

 

Eine Umfrage bei den zugelassenen kommunalen Trägern und den angrenzenden Landkreisen in Baden-Württemberg ergab, dass von insgesamt 14 Trägern 7 Grundsicherungsträger die Regelung der Wohngeldobergrenze + 10 % anwenden. Weitere 2 gehen davon aus, ein schlüssiges gerichtsfestes Konzept zu haben und die restlichen 3 haben individuelle Lösungen entwickelt. Die bisherigen Tabellen zur Mietobergrenze werden neben einem weiteren Landkreis nur noch vom Ostalbkreis angewandt.
 

In Verfahren vor dem Sozialgericht Ulm wegen Unterkunftskosten wurde beanstandet, dass im Ostalbkreis kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft vorhanden ist.

 

Im Rahmen von gerichtlichen Vergleichen wendet das Sozialgericht Ulm zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft die Wohngeldgrenze zzgl. + 10% an. In diesen angemessenen Unterkunftskosten sind auch die zu zahlenden kalten Nebenkosten (z. B. Wasser, Abwasser, Betrieb der Warmwasserbereitung, Kaminfegerkosten, Gebäudeversicherungen, allgemeine Beleuchtungskosten) enthalten. Es wird deshalb von der Bruttokaltmiete gesprochen.

 

Dieser Rechtsprechung folgend, werden seit dem 01.04.2012 im SGB II bereits im Widerspruchsverfahren gegen die Höhe der Grundmiete die Werte des Tabellenwohngeldes + 10% angesetzt. In der Folge ist es seit dem 01.04.2012 zu keinen weiteren Klagen bezüglich den Kosten für Unterkunft vor dem Sozialgericht Ulm gekommen.

 

 

II. Schlüssiges Konzept

 

Alternativ zu den Wohngeldgrenzen kann der Grundsicherungsträger ein schlüssiges Konzept erstellen.

 

Wesentliche Aufgabe bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist neben der Bestandsdatenermittlung der derzeitigen Leistungsempfänger die Erhebung und die Darstellung der aktuellen Wohnungsmarktsituation und die Festlegung von sogenannten Vergleichsräumen.

 

Die Beobachtung und schlüssige Erhebung der aktuellen Wohnungsmarktsituation  erfordert, dass umfangreich die aktuellen Wohnungsangebote erhoben und statistisch aufbereitet werden. Bei der Erhebung sind aufgrund der Wohnungsmarktstrukturen im gesamten Ostalbkreis mehrere Vergleichsräume zu bilden.

 

Ob ein schlüssiges Konzept auf Dauer Bestand hat, entscheidet sich letztlich  durch die Rechtsprechung.

 

Für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts durch Dritte entstehen Kosten von ca. 15.000 bis 20.000 . Das schlüssige Konzept ist regelmäßig zu aktualisieren. Hierfür entstehen weitere Kosten.

 

 

III. Situation im Ostalbkreis

 

Der Geschäftsbereich Soziales hat für den Bereich des SGB XII und das Jobcenter für den Bereich des SGB II den aktuellen Fallbestand ausgewertet. Es wurden die tatsächlich gezahlten Mieten in jeder Gemeinde erhoben. Dazu wurden Haushalte bzw. Bedarfsgemeinschaften mit bis zu 3 Personen einbezogen. Diese Familiengrößen sind am häufigsten im Leistungsbezug.

 

Im SGB XII wird in 580 Fällen vom Leistungsbezieher eine tatsächliche Miete gezahlt, die höher ist wie die bisher angewandte Mietobergrenze. Davon ist in 262 Fällen aufgrund von Individualentscheidungen die bisherige Mietobergrenze schon höher anerkannt. Von 318 Leistungsbeziehern sind Mieten zu zahlen, die die anerkannten Beträge überschreiten.

 

Mehrkosten im SGB XII für den Landkreis werden nicht entstehen, da ab 2014 100% der Grundsicherungsleistungen durch den Bund erstattet werden.

 

Von den 5.300 Bedarfsgemeinschaften im SGB II gibt es 3.200 Bedarfsgemeinschaften mit bis zu 3 Personen. Hiervon weisen 1.671 eine tatsächliche Miete aus, die höher ist wie die bisher angewandten Mietobergrenzen.

In 919 Fällen wurden aufgrund von Individualentscheidungen Mietbeträge anerkannt, die höher sind als die bisherige Mietobergrenze. Bei weiteren 752 Leistungsbeziehern wären die Mietbeträge bis maximal zur Tabellenwohngeldgrenze zu erhöhen, da diese momentan Mieten zahlen, die über den derzeit anerkannten Beträgen liegen.

 

Bei Anwendung des Tabellenwohngeldes + 10 % ist im Bereich des SGB II mit Mehrkosten an den gesamten Kosten für Unterkunft von ca. 570.000 € zu rechnen. Davon würden derzeit 30,4 % (173.280 €) über die Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten erstattet, so dass rund 400.000 € vom Landkreis zusätzlich zu finanzieren wären.

 

 

IV. Vorschlag der Verwaltung

 

Es ist für den Ostalbkreis erforderlich eine rechtssichere Auslegung zu den angemessenen Unterkunftskosten zu erhalten.

 

Zur Prüfung der aktuellen Praxis, die Wohngeldobergrenzen + 10 % (=Bruttokaltmiete) anzuwenden, sollte ein grundsicherungsrelevanter Mietspiegel erstellt werden, der neben den Bestandsmieten des SGB II und SGX XII auch die aktuelle Wohnungsangebote erfasst.

 

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, zur Regelung der angemessenen Unterkunftskosten für das SGB II und das SGB XII diesen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel durch Dritte (Fachbüro) erstellen  zu lassen.

 

Über die Ergebnisse und die weitere Vorgehensweise wird baldmöglichst berichtet.

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Die Kosten für die Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels betragen ca. 10.000 €.


Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

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Traub                                        Koch

 

 

 

 

 

 

Sozialdezernent

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel