Bürgerinformationssystem

Vorlage - 147/2012  

 
 
Betreff: Einrichtung von Familienzentren im Ostalbkreis - Antrag der CDU-Kreistagsfraktion zum Haushalt 2012
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Gemeinsame Sitzung des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses Kenntnisnahme
25.09.2012 
Sitzung Gemeinsame Sitzung des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Dem Verwaltungsvorschlag zum weiteren Vorgehen unter Ziffer V wird zugestimmt.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2012 beantragte die CDU-Kreistagsfraktion den Aufbau von Familien- und Bildungszentren nach Absprache mit den Städten und Gemeinden.

 

Die Fraktion verwies auf die Ergebnisse des Sozialberichtes und des Bildungsberichtes. Eine nachhaltige und strukturelle Änderung im Bereich des Sozialen werde nur über Bildung möglich sein. Nur mit entsprechendem Bildungsabschluss und mit entsprechendem eigenem Einkommen könne für viele Menschen künftig auf Transferleistungen verzichtet werden. Bildung und Soziales müssten deshalb enger zusammenrücken.

 

Elternbildung und Elterninformation müsse dort erfolgen, wo man die Eltern erreiche. Dies geschehe in den Kindertagesstätten oder in den Schulen. Diese Institutionen müssten künftig genutzt werden, um frühzeitig Eltern auch in schwierigen Situationen begleiten zu können. Für das Jugendamt und für die dortigen Herausforderungen und Handlungsansätze sei das Thema Familien- und Bildungszentrum ein neuer Ansatz.

 

 

II. Begriff Familienzentrum

 

Kindertageseinrichtungen und ähnliche Einrichtungen stehen vor Veränderungsprozessen, weil die Kinderzahlen in den Städten und Gemeinden abnehmen. Gleichzeitig haben Eltern und Alleinerziehende zunehmend Fragen zur Erziehung und suchen nach Hilfestellung von Experten.

 

Aus dieser Konstellation heraus ist die Idee entstanden, Tageseinrichtungen für Kinder zu Knotenpunkten in einem Netz familienunterstützender und familienbildnerischer Leistungen zu entwickeln. Ein Familienzentrum ist somit eine Anlaufstelle im Sozialraum für Familien mit Kindern jeden Alters. Hier finden Eltern und Kinder vielfältige Angebote zu Bildung, Beratung, Betreuung und Begegnung an einem Ort oder in einem Kooperationsverbund. 

 

Der Sozialraumbezug prägt das Konzept und die inhaltlichen Schwerpunkte eines Familienzentrums. Familienzentren sind passgenaue Angebote, die auf die Lebenssituation der Menschen vor Ort und ihren konkreten Bedarf ausgerichtet sind und bereits vorhandene Angebote anderer Anbieter im Sozialraum und im Einzugsgebiet berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund können die Arbeitsschwerpunkte von Familienzentren sehr unterschiedlich sein.

 

Familienzentren vernetzen verschiedene Leistungen verschiedener Anbieter und Einrichtungen auf der Grundlage gemeinsamer Planung und Konzeptentwicklung. So entstehen Synergieeffekte, die Institutionen ergänzen sich, konzipieren neue und am Bedarf orientierte Angebote.

 

Es ist gewünscht, dass Einrichtungen in denen seither vor allem Kinder betreut wurden, sich zu Orten für die ganzen Familien, zu Servicestellen für Familien werden und damit zur Stärkung der Erziehungsfähigkeit beitragen. Ziel ist die aktive Beteiligung der Eltern und damit die gemeinsame Verantwortung für die Entwicklung von Familienzentren durch Eltern und pädagogische Fachkräfte, die frühe Prävention und die Stärkung der Erziehungskompetenz. Familien, die in schwierigen Verhältnissen leben, oder unter erschwerten Bedingungen, sollen möglichst früh und direkt erreicht werden.

 

Externe Fachkräfte (Beratungsdienste, Jugendamt, Fachkräfte freier Träger) sollen vor Ort im Familienzentrum präsent sein und dort ihre Leistungen den Familien anbieten. Gewünschter Nebeneffekt ist dabei eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

 

 

Konkret geht es darum,

 

?          Stärken und Schwächen der Kinder früher zu erkennen, um Eltern gezielter ansprechen zu können und früher Beratung in Fragen der Bildung, Erziehung und Gesundheit anbieten zu können,

 

?          Sprachdefizite, insbesondere bei Kindern aus Migrantenfamilien früher festzustellen und die Eltern auf eine notwendige, individuelle Sprachförderung aufmerksam zu machen,

 

?          durch eine geöffnete Angebotsstruktur des Familienzentrums Betreuungsmodalitäten zu verbessern, wie z.B. variablere Betreuungszeiten und Altersmischung,
 

?          Eltern bei der Überwindung von Alltagskonflikten durch Vermittlung an Fachstellen zu helfen,
 

?          Bürgerschaftliches Engagement im Sinne von Familien-Selbsthilfe zu fördern,

 

?          bei Bedarf auch Kindertagespflege in das Angebotsspektrum des Familienzentrums zu integrieren und

 

?          das Familienzentrum zu einem Ort des Austausches zwischen den Generationen zu machen.

 

 

 

III. Inhaltliche Ausgestaltung von Familienzentren

 

Bei der konzeptionellen Ausgestaltung kommt es nicht darauf an, eine gänzlich neue Struktur mit eigenständigen, solitären Familienzentren aufzubauen. Es sollte vielmehr der Schwerpunkt darauf gelegt werden, bestehende Tageseinrichtungen zu Familienzentren auszubauen und in deren Strukturen und Räumen die Möglichkeiten zur Begegnung, zur Stärkung der Erziehungskompetenz und auch zur Unterstützung von Familien durch Bildungs- und Beratungsangebote zu schaffen.

 

Je nach dem Umfeld des Familienzentrums und entsprechend unterschiedlichster Bedarfe variieren die Kooperationspartner. In Sozialräumen mit einem hohen Anteil von Familien mit Migrationshintergrund sind Projekte und Maßnahmen der Integration von besonderer Bedeutung. Leben im Umfeld des Familienzentrums in großem Umfang sozial benachteiligte Familien müssen weitere Beratungs- und Unterstützungsangebote bereit gestellt werden, z. B. Wohnberatung, Suchtberatung etc.

 

Die Angebotsstrukturen eines Familienzentrums sind somit nicht statisch, sondern müssen stets neu auf ihr Passgenauigkeit geprüft werden.

 

IV. Praxisbeispiele aus Baden-Württemberg

 

Landkreis Karlsruhe

 

Das Projekt „Kindertagesstätten entwickeln sich zu Familienzentren“ hatte den Schwerpunkt auf der Vernetzung von Angeboten und Diensten, ausgehend von der Tageseinrichtung für Kinder und einer verstärkten Kooperation von Fachkräften.

Aus neun Projektbewerbungen wurden drei ausgewählt.

Die Projektlaufzeit war vom 01.01.2008 bis 31.12.2009 unter Projektleitung der Fachstelle Bürgerschaftliches Engagement im Landratsamt. Der Landkreis stellte ein Budget mit insgesamt 18.000 € zur Verfügung. Enthalten waren darin die Dokumentation, Fortbildung des pädagogischen Personals und Maßnahmen zur Elternbildung (2.700 € pro Jahr und Einrichtung).

In den Familienzentren im Landkreis Karlsruhe gibt es heute - mit unterschiedlichen Schwerpunkten - neben der klassischen Kindertageseinrichtung, Beratungsangebote der psychologischen Beratungsstelle, der Frühen Hilfen, des Tageselternvereins und weiterer unterschiedlicher Vereine. Eltern sind bei Vätersamstagen, beim Mütter-Café und bei der Programm- und Jahresplanung engagiert. Es werden generationsübergreifende Projekte (z.B. Lernpatenschaften) durchgeführt.

 

Landkreis Göppingen

 

Familientreffs im Landkreis Göppingen

Nach der Verabschiedung einer Konzeption des Jugendhilfeausschusses zur Stärkung der Familien entstanden im Zeitraum 2006 bis 2010 im Landkreis Göppingen 8 Familientreffs. Diese werden auf der Basis eines Kooperationsvertrags zwischen Landkreis, beteiligten Städte und Gemeinden und beteiligten freien Trägern betrieben. Ziel der Familienzentren ist es, Orte der Begegnung für Mütter, Väter, Kinder und auch Senioren zu schaffen.

Die ersten drei Treffs entstanden 2006 in Ebersbach, Göppingen und Salach und werden als offene Treffs mit Elternbildungsangeboten, wie z.B. Vorträge zu Erziehungs-, Gesundheits- und Alltagsfragen geführt. Die Öffnungszeiten variieren von einem halben Nachmittag im Monat bis zu zwei Nachmittagen in der Woche.

2008 wurden drei, im Jahr 2010 ein weiterer Treff im Landkreis eröffnet.

Der Landkreis finanziert Personal- und Sachkosten für sozialpädagogisches Fachpersonal der Familientreffs. Im Landkreis-Haushalt sind dafür 200.000 € eingeplant. Träger der Treffs sind der Caritasverband, der AWO-Kreisverband, der DRK-Kreisverband und das Diakonische Werk Göppingen. Die Kommunen stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung und kommen für die Betriebs- und Sachkosten auf.

Der Erfahrungsbericht des Landkreises Göppingen beschreibt sowohl steigende Besucherzahlen in den Treffs, als auch eine gute Kooperation zwischen Fachkräften und Ehrenamtlichen. Die Familientreffs werden als Übungsfeld für Eltern durch beispielhaften Umgang mit Kleinkindern beschrieben. Die Kommune müsse hinter der Tätigkeit des Treffs stehen. Auch wäre es wichtig, weg von mehrfach genutzten Räumen, zu Räumen zu kommen, die ausschließlich durch das Familienzentrum genutzt werden können. Diese sollten nicht von den Trägern, sondern von den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Ferner hätte sich die Kooperation zwischen Landkreis, Kommunen und Treff-Trägern bewährt.

 

Stadt Ludwigsburg

 

Seit 2008 entstehen in den Ludwigsburger Stadtteilen Kinder- und Familienzentren. (Heutiger Ausbaustand 12 Familienzentren). Träger sind die Kirchen, AWO und die Stadt Ludwigsburg. Die Kinder- und Familienzentren sind angesiedelt an Kindertagesstätten und an ein Mehrgenerationenhaus oder in der Nähe von Kindertagesstätten.

Das Ludwigsburger Modell umfasst folgende Komponenten:

Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Alter von 0 bis zu 6 Jahren (bei Bedarf bis 10 Jahre), Verknüpfung zur Kindertagespflege, ergänzt um niederschwellige Angebote für Familien/Familienbildung, wie z.B. Beratungsangebote durch den Allgemeinen Sozialen Dienst, Sprachförderung für Eltern, Babykurse, Angebote der Gesundheitsförderung…

Aus dem Fonds Bildung, Jugend, Zukunft wurden für den Aufbau der Kinder- und Familienzentren von der Stadt Ludwigsburg Projektmittel für drei Jahre in Höhe von bis zu maximal 2.500 € pro Jahr und Gruppe zur Verfügung gestellt. Die Träger sollen die Finanzierung nach der Projektförderung durch ausreichende eigene Mittel oder ein alternatives Finanzierungskonzept langfristig absichern.

Zusätzlich unterstützt die Stadt Ludwigsburg während des Projekts Stadtbezirke mit besonderen Problemlagen mit dem Projekt KiFa. Das Projekt KiFa beinhaltet drei Module:

?         Qualifizierung des pädagogischen Fachpersonals der Kitas.

?         Elternbildung, Bürgerschaftliches Engagement, Aufbau von aktiven Elternnetzwerken. Bei Bedarf: Durchführung von muttersprachlichen Elternkursen und Qualifizierung von Mentorinnen.

?         Vernetzung, Kooperation, Öffnung zum Gemeinweisen - Stadtteilkonzepte.

 

Schwäbisch Gmünd, „Bildungs- und Familienzentrum Hardt“

 

Das Bildungs- und Familienzentrum Hardt wird in enger räumlicher und konzeptioneller Verbindung mit der Grundschule Hardt, die zur Ganztagesschule ausgebaut wird, mit der Kindertagesstätte St. Elisabeth und dem Familien- und Nachbarschaftszentrum FuN einen neuen Kristallisationsort im Quartier darstellen.

 

Eine besondere Zielsetzung besteht darin, sozialschwache und bildungsferne Familien und Kinder/Jugendliche „lückenlos“ begleiten zu können über Kindertagesstätte, Schule bis hin zu speziellen Angeboten im Familienzentrum. Im Rahmen der Netzwerkarbeit werden weitere Akteure, wie Jugendtreff, der Verein Aha e.V. - Aussiedler helfen Aussiedlern, Kirchengemeinden, die Pädagogische Hochschule, Einzelhandelsgeschäfte sowie der Bürgerverein „Starkes Hardt“ eingebunden und gemeinsame Projekte in den Themenfeldern Bildung, Integration, Seniorenarbeit, Sport etc. initiiert.

 

Das Jugendamt des Landratsamts Ostalbkreis ist in der Projektsteuerungsgruppe vertreten und bei der Einbindung von niederschwelligen Angeboten z.B. aus dem Familien- und Elternbildungsprogramm „STÄRKE“ behilflich.

Bei der Entwicklung des Bildungs- und Familienzentrums waren die Fachkräfte des Fachzentrums frühe Hilfen für Mütter, Väter und Schwangere (Familien- Kinderkrankenschwestern, Schwangerenberatung) des Jugendamts von Anfang an eingebunden. Der Einsatz frühzeitiger Unterstützung und Hilfe soll dazu führen, dass späte aufwändige und teure Hilfen zur Erziehung möglichst nicht erforderlich werden.

Der Allgemeine Soziale Dienst berät in Einzelfällen, bei denen Bedarf für Hilfen zur Erziehung oder Eingliederungshilfen wegen seelischer Behinderung besteht und stellt den Kinderschutz sicher. Durch Beratung oder durch ambulante Hilfe wie Soziale Gruppenarbeit, Sozialpädagogische Familienhilfe, Integrationshilfe oder Erziehungsbeistandschaft werden frühzeitige Hilfestellungen geleistet.

 

Das Projekt „Bildungs- und Familienzentrum“ Hardt wird im Rahmen des Forschungsfeldes „Orte der Integration im Quartier“ neben sieben anderen Standorten im Bundesgebiet vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung aus Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung für die Jahre 2012 bis 2014 mit ca. 78.000 Euro gefördert.

 

 

V. Verwaltungsvorschlag zum weiteren Vorgehen

 

Familienzentren basieren in der Regel auf einer inhaltlichen Vernetzung der Arbeitsfelder Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern, sowie Bildung, Beratung und Begleitung von Familien. Konkret geht es somit um die Verknüpfung von Kindertagesstätten, Schulen, Familienbildungsstätten und evtl. Gemeindezentren an.

 

Die Wege zum Aufbau eines Familienzentrums können bedingt durch die unterschiedlichsten Situationen vor Ort sehr verschieden sein. Je nach den sozialräumlichen Bedarfen müssen unterschiedliche Konzepte und Verbundmodelle entwickelt werden. Es ist nicht möglich, „ein“ Modell eines Familienzentrums zu entwerfen, das allen Angebotsstrukturen und Bedarfslagen gerecht wird.

 

Aus dieser Situation heraus ist es aus Sicht der Verwaltung naheliegend - und dies hat auch die CDU-Kreistagsfraktion in ihrem Antrag zum Ausdruck gebracht -, zunächst eine Abstimmung mit den Städten und Gemeinden im Ostalbkreis herbeizuführen. Dabei sollten insbesondere auf der Grundlage von Erfahrungswerten aus anderen Landkreisen die organisatorischen, räumlichen, personellen und finanziellen Rahmenbedingungen für Familienzentren im Ostalbkreis geklärt werden. Danach ist dem Jugendhilfeausschuss wieder Bericht zu erstatten.

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Die auf den Landkreis entfallenden Kosten für die Einrichtung und den Betrieb von Familienzentren lassen sich derzeit nicht abschätzen.

Anlagen

Anlagen

 

---

 

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiterin

__________________________________________

 

Funk

 

 

Dezernent/in

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel