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Vorlage - 176/2011  

 
 
Betreff: Umsetzung des neuen Vormundschaftsrechts
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
07.12.2011 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Zum Geschäftsbereich Jugend und Familie des Landratsamtes Ostalbkreis gehört das Sachgebiet Beistandschaften, Pflegschaften, Vormundschaften (BPV). Die Tätigkeit des Sachgebietes wurde im Jugendhilfeausschuss am 09.12.2010 vorgestellt.

 

Im Sachgebiet BPV sind aktuell insgesamt 20 MitarbeiterInnen auf 14 Stellen in den Dienststellen Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen beschäftigt. Derzeit bestehen für 190 Kinder Amtsvormundschaften/Amtspflegschaften und für 2.392 Kinder Beistandschaften. Im Jahr 2010 wurden 1.084 Beurkundungen vorgenommen. Täglich erfolgen viele Beratungen bezüglich der Vaterschaft, des Unterhalts und der Abgabe von Sorgeerklärungen.

 

Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften bestehen für Kinder, deren Eltern an der gesetzlichen Vertretung verhindert sind und für die kein geeigneter Einzelvormund oder -pfleger vorhanden ist oder die Vormundschaft kraft Gesetzes eintritt.

 

Nach § 1793 BGB hat der Vormund das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen und insbesondere es rechtlich zu vertreten. Die Rechtsstellung des Vormundes ist damit der elterlichen Sorge nachgebildet. Der Vormund nimmt damit die Rolle der Eltern wahr.

 

 

II. Neues Vormundschaftsrecht

 

Am 29. Juni 2011 wurde das Gesetz zur Änderung des Vormundschafts- und Betreuungsrechts im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Änderungen betreffen neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auch das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz).

 

Die Vorschriften, die bereits am 6. Juli 2011 in Kraft getreten sind, beinhalten

 

  • die Pflicht, zum Mündel i.d.R. monatlich in dessen üblicher Umgebung Kontakt zu halten
  • das Gebot der persönlichen Förderung und Gewährleistung der Pflege und Erziehung des Mündels durch den Vormund/Pfleger
  • Berichtspflichten an das Familiengericht, einschließlich Angaben zur Kontakthäufigkeit

 

Die Vorschriften des Gesetzes, die ein Jahr später, am 05. Juli 2012 in Kraft treten, betreffen

 

  • die Begrenzung der Fallzahl auf höchstens 50 Mündel für einen vollzeitbeschäftigten Vormund/Pfleger, bei Mischarbeitsplätzen entsprechend weniger Fälle

 

  • die künftig geforderte Anhörung des Mündels vor Auswahl des Vormunds/Pflegers

 

  • die Kontrolle der Einhaltung der persönlichen Kontaktpflichten für Vormünder/Pfleger durch das Familiengericht

 

Ziel dieser Gesetzesänderung ist es, den persönlichen Kontakt zwischen Vormund/Pfleger und Mündel deutlich zu stärken. Öffentlichkeitswirksame Fälle von Kindesmisshandlungen und -vernachlässigungen zeigten, dass im Bereich der Vormundschaft/Pflegschaft die Qualität der Betreuung des Mündels mit steigender Mündelfallzahl pro zuständigem Mitarbeiter sinkt.

 

 

III. Umsetzung

 

Bisher wurden, sofern das Mündel in stabilen Verhältnissen gelebt hat, vom Vormund/Pfleger 1 bis 2 Mündelkontakte jährlich durchgeführt, in Krisensituationen bedarfsgerecht wesentlich öfter.

 

Seit Juli 2011 haben die Mitarbeiter der BPV die Mündelkontakte intensiviert. Aufgrund der Fallzahlen sind monatliche Mündelkontakte derzeit nicht generell umsetzbar. Nachdem Mischarbeitsplätze bestehen, geht dies auch zu Lasten der Beistandschaften. D. h. die Geltendmachung der Unterhaltsansprüche für die Kinder erfolgt verzögerter, damit vermehrt Mündelkontakte wahrgenommen werden können. Der Vormund/Pfleger muss bei jedem Mündel abwägen, ob er monatlich einen Hausbesuch macht oder ob größere Besuchsabstände zu vertreten sind. Die Mitarbeiter sind vom Strafrecht her persönlich haftbar.

 

Entsprechend der bestehenden Fallzahlen für die Beistandschaften, Vormundschaften, Pflegschaften, Beratungen und Beurkundungen besteht ein zusätzlicher Personalbedarf von zumindest 3 zusätzlichen Stellen für die BPV, der für den Stellenplan 2012 beantragt ist. Durch die erforderlichen Hausbesuche werden zudem mehr Fahrtkosten anfallen.

 

Die Vormünder/Pfleger konnten bislang schon feststellen, dass erst nach 2 – 3 zeitnahen Mündelkontakten die Lebenssituation, die Interessen und Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen eingeschätzt werden können und sich eine Vertrauensbasis bzw. der Zugang zum Mündel entwickelt. Erst dann nimmt die gesetzliche Vorgabe „von persönlicher Förderung und Gewährleistung der Pflege und Erziehung des Mündels durch den Vormund/Pfleger“ für das betreffende Mündel Gestalt an.

 

Neben der Personalaufstockung erfordert die Umsetzung des neuen Rechts eine Qualifizierung der Mitarbeiter/innen im Hinblick auf sozialpädagogische Kompetenzen durch zusätzliche Fortbildungen und auch Supervision. Im Oktober 2011 wurde eine Stelle bei der BPV in der Dienststelle Schwäbisch Gmünd mit einer Sozialpädagogin nachbesetzt. Dies ist ein Novum im Ostalbkreis. Bislang waren die Stellen der Vormünder rein mit qualifizierten Verwaltungsbeamten besetzt. Dadurch erfolgt schon jetzt ein Austausch der rechtlichen und sozialpädagogischen Kompetenzen im Team der BPV in Schwäbisch Gmünd. In der noch jungen Praxis zeigt sich diese Mischung als förderlich.

 

Vormünder und Pfleger stehen unter der Aufsicht des Familiengerichts. Im Hinblick auf die „Berichtspflichten ans Familiengericht, einschließlich der zukünftigen Kontrolle der Einhaltung der persönlichen Mündelkontaktspflichten durch das Familiengericht“ wurde bereits mit den Rechtspflegern/innen der Familiengerichte Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen ein Gespräch geführt und weitere Abstimmungen werden folgen.

 

In der Praxis ist die Möglichkeit der Umsetzung der „Anhörung des Mündels vor Auswahl des Vormunds/Pflegers“ umstritten. Meist hat der Vormund schon viel Dringliches geregelt, bevor er das Mündel zum ersten mal sieht. So ist z. B. beim Krankenhausaufenthalt eines Mündels die sofortige Regelung des Krankenversicherungsschutzes erforderlich.

 

Die Sachgebietsleiterin, Frau Beate Mitschke, wird in der Jugendhilfeausschusssitzung die aktuelle Situation darstellen.

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Für das Sachgebiet BPV entstehen dem Ostalbkreis im Jahr 2012 voraussichtlich Aufwendungen in Höhe von ca. 1.630.000 € (Personal- und Sachkosten).

 

Für das Haushaltsjahr 2012 wurden 3 zusätzliche Stellen beantragt. Die zusätzlichen Kosten betragen ca. 185.000 €.

Anlagen

Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiterin

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Funk

 

 

Dezernent/in

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Rettenmaier

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel