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Vorlage - 141/2011  

 
 
Betreff: Kreisstraße 3232 Ausbau von der Landesstraße 1075 bis zur Kreisstraße 3233 (ohne OD Ramsenstrut)
- Ausstattung mit passiven Schutzeinrichtungen
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Verkehrsinfrastruktur   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Kenntnisnahme
18.10.2011 
Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Kreisentwicklung ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Tischvorlage 1
Tischvorlage 2

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

1.  Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung stimmt dem Vorgehen der Verwaltung bezüglich der Ausstattung der K 3232 mit Rückhaltesystemen zu.

 

2.  Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung stimmt der Abwägung der Belange Verkehrssicherheit, Natur- und Landschaftsschutz sowie Landwirtschaft zu.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

Vorbemerkung

 

Im Jahr 2001 hatte die Europäische Kommission ein Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit vorgelegt. Ziel war es, die Anzahl der Verkehrstoten bis Ende 2010 zu halbieren. Dieses Ziel wurde in den meisten Mitgliedsländern nicht erreicht. In Deutschland sank die Zahl der Verkehrstoten um 40 %. Im Sommer 2010 hat die EU deshalb eine neue Initiative gestartet und ein neues Programm für die Straßenverkehrssicherheit aufgelegt, mit dem die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2020 nochmals auf die Hälfte der Zahl von 2010 absinken soll. Vor diesem Hintergrund sind die Bemühungen in Deutschland zu sehen, durch neue Entwurfsregeln für den Straßenbau und die Definition neuer Sicherheitsstandards für eine verkehrssichere Straßeninfrastruktur zu sorgen. In dieses Regelwerk reiht sich auch die Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeugrückhaltesysteme (RPS 2009) ein.

 

Die RPS 2009 hat gegenüber der Vorgängervorschrift von 1989 die Einsatzkriterien und einsatzspezifischen Anforderungen deutlich verschärft und an die Europäische Normung angepasst.

 

Mit dem in der Richtlinie beschriebenen Fahrzeugrückhaltesystemen sollen die Folgen von Unfällen so gering wie möglich gehalten werden. Sie sind einzusetzen

 

  • zum Schutz von unbeteiligten Personen oder schutzbedürftigen Bereichen neben der Straße oder des Gegenverkehrs bei zweibahnigen Straßen

 

  • zum Schutz von Fahrzeuginsassen vor schweren Folgen infolge Abkommens von der Fahrbahn, z. B. bei einem Absturz oder vor dem Anprall an gefährliche Hindernisse neben der Fahrbahn.

 

 

Regelungen der RPS 2009

 

Die RPS 2009 gelten u. a. für die Absicherung von Gefahrenstellen bei dem Neu-, Um- oder Ausbau von Straßen. Damit beginnt bei jedem Ausbau von Kreisstraßen die Prüfpflicht, ob und ggf. welche Rückhaltesysteme wo notwendig sind.

 

Die RPS 2009 unterscheidet das Gefahrenpotential von Gefahrenstellen am äußeren Fahrbahnrand nach 4 Gefahrenstufen:

 

Gefährdungsstufe 1

Schutzbedürftige Bereiche mit besonderer Gefährdung Dritter

·         explosionsgefährdete Anlagen

  • intensiv genutzte Aufenthaltsbereiche,
    z. B. stark frequentierte Plätze, Schulhöfe, etc.
  • nebenliegende Schnellbahnstrecken der Eisenbahn (V > 160 km/h)
  • einsturzgefährdete Bauwerke

 

 

Gefährdungsstufe 2

Schutzbedürftige Bereiche mit Gefährdung Dritter

  • nebenliegende stark frequentierte Geh- und Radwege
  • nebenliegende Schienenwege (>300 Züge/Tag)
  • nebenliegende Straßen (DTV > 500 KFZ/Tag)

 

Gefährdungsstufe 3
Hindernisse mit besonderer Gefährdung von Fahrzeuginsassen

·         nicht verformbare flächenhafte Hindernisse senkrecht zur Fahrtrichtung (z. B. Beginn einer Mauer, eines Tunnels)

  • nicht verformbare punktuelle Einzelhindernisse (z. B. Baum, Mast)
  • Lärmschutzwände

 

Gefährdungsstufe 4

Hindernisse mit Gefährdung von Fahrzeuginsassen

  • noch verformbare, aber nicht umfahrbare/absehbare punktuelle Einzelhindernisse (z. B. Verkehrsschilder, Wegweiser)
  • kreuzende Gräben
  • aufsteigende Böschungen, es sei denn mit Muldenausrundung

·         fallende Böschungen > 3 m und steiler 1:3

  • Gewässer mit einer Tiefe > 1 m
  • Wildwasser

 

Rückhaltesysteme sind dann anzuordnen, wenn solche Hindernisse/schützenswerte Bereiche innerhalb eines kritischen Abstandes zum Fahrbahnrand liegen, wobei die Böschungshöhe zu berücksichtigen ist. In Einschnitten verkürzen sich mit zunehmender Böschungshöhe die kritischen Abstände. Auf Dämmen vergrößern sich mit zunehmender Böschungshöhe die kritischen Abstände.

 

 

Auswirkungen an der K 3232

 

Die kritischen Abstände A betragen bei der an der K 3232 im Bereich Ramsenstrut vorliegenden Gefahrenstufe III (Baum) bei einer zulässigen Geschwindigkeit (Vzul)

 

Vzul = 60 km/h - 080 km/h                            A = 4,50 m

Vzul = 80 km/h - 100 km/h                             A = 7,50 m

 

Schutzplanken bzw. Rückhaltesysteme sind nur dann nicht zwingend, wenn die zulässige Geschwindigkeit kleiner als 60 km/h ist.

 

Damit ergeben sich an der K 3232 aufgrund der Vielzahl innerhalb des kritischen Abstands stehenden Bäume und der geforderten Mindestkonstruktionslängen Schutzplankenlängen von zusammen 1.420 m bei einer Ausbaulänge von 2 km.

 

Dies ist nach Auffassung der Verwaltung weder in Hinsicht der Belange von Landschaftsbild und Naturschutz noch im Hinblick auf die Bewirtschaftungsmöglichkeiten der angrenzenden Grundstücke maßstäblich und verhältnismäßig.

 

 

 

 

Lösung

 

Nach Ziff. 3.1 Absatz 5 der RPS 2009 kann in begründeten Fällen die Abwägung zwischen den Belangen der Verkehrssicherheit und anderen Belangen ein Abweichen von den Einsatzkriterien der RPS 2009 erforderlich machen.

 

Im vorliegenden Fall erscheint der Verwaltung eine solche Abwägung geboten. Sie schlägt deshalb vor, in die Abwägung die Verkehrsmengen, die Entwurfsgeschwindigkeit und die Abkommenswahrscheinlichkeit einerseits und die Belange Landschaftsbild, Naturschutz und Landwirtschaft andererseits einzubeziehen. Dabei sollte die Abkommenswahrscheinlichkeit ein wesentlicher Gesichtspunkt sein.

 

Die Abkommenswahrscheinlichkeit muss anhand des fahrdynamischen Zusammenhangs von Fahrgeschwindigkeit, Kurvenradius und Straßenquerneigung beurteilt werden.

 

Sofern der Kurvenradius der Strecke bei der gewählten Querneigung größer ist als der für die gewählte Geschwindigkeit nach den Entwurfsrichtlinien für Straßen erforderliche Mindestradius kann davon ausgegangen werden, dass die Kurve mit dieser Geschwindigkeit sicher zu befahren und damit ein Abkommen von der Fahrbahn auf der Außenbogenseite wenig wahrscheinlich ist. Eine Abkommen auf der Bogeninnenseite ist aufgrund der Fliehkräfte ohnehin eher unwahrscheinlich. Für gerade Straßenabschnitte (R = 8) kann bei angemessener Fahrgeschwindigkeit ebenfalls eine äußerst geringe Abkommenswahrscheinlichkeit unterstellt werden.

 

Für die K 3232 wird von einer Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h ausgegangen, so dass sich daraus ein „Grenzradius“ von R = 250 m ergibt. Bei größeren Radien wird als Ergebnis der Abwägung (s. o.) auf Schutzsysteme verzichtet. Die verbleibende noch anzubringende Schutzplankenlänge beträgt dann rund 180 m.

 

Die so getroffene Abwägung erscheint der Verwaltung ermessensfehlerfrei. Bei angemessener Geschwindigkeit ist ein Abkommen von der Fahrbahn angesichts geringen Verkehrsmengen von nur ca. 880 KFZ/Tag auf der K 3232 so wenig wahrscheinlich, dass ein potentielles Sicherheitsdefizit für die Fahrzeuginsassen hinter den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Landwirtschaft zurückstehen kann bzw. muss.

 

 

Folgen für zukünftige Planungen

 

Kreisstraßen im Ostalbkreis mit ihrer Einbindung in einen bezüglich des Natur- und Landschaftsschutzes hochsensiblen Landschaftsraum können nicht immer vollständig konform zu den einschlägigen Regelungen im Straßenbau ausgebaut werden. Deshalb werden häufig schutzwürdige Bereiche oder Hindernisse innerhalb der kritischen Abstände zum Fahrbahnrand anzutreffen sein und ggf. auch Trassenführungen mit nicht idealer Radienfolge, die nach den RPS 2009 infolge eine erhöhte Abkommenswahrscheinlichkeit aufweisen.

 

Das bedeutet, dass bereits in der Planungsphase die notwendigen Rückhaltesysteme ermittelt und als Bestandteil der Planung in die Abwägung mit den anderen öffentlichen Belangen und berechtigten Interessen der Grundstücksbesitzer bzw. -anrainer einbezogen werden müssen. Dabei muss in jedem Einzelfall nach jeweils neu festzulegenden Gesichtspunkten entschieden werden, ob und in welchem Umfang die Belange der Verkehrssicherheit ggf. hinter diesen Belangen zurückstehen müssen. Diese Abwägung soll nach entsprechender Vorbereitung und Darstellung in den Planungsunterlagen durch die Verwaltung im Rahmen der Beratung und Beschlussfassung über die Planung und Realisierung der Kreisstraße durch die jeweils zuständigen Gremien des Kreistages erfolgen bzw. bestätigt werden.

 

Gleichzeitig bedeutet dies auch, dass beim Kreisstraßenausbau nach den neuen Richtlinien der Schutz von einzelnen Bäumen nicht mehr in dem seither geübten Maße sichergestellt werden kann. Eine regelmäßige Zurückstellung der Belange Verkehrssicherheit wäre sicher nicht zielführend und letztlich rechtlich angreifbar, da eine korrekte ermessensfehlerfreie Abwägung dann nicht mehr unterstellt werden könnte.

 

Die Verwaltung wird in der Sitzung die erforderlichen Maßnahmen detailliert vorstellen.

 

 


Finanzierung und Folgekosten

 

-

 

 

Anlagen

Anlagen

 

Lagepläne mit Schutzplanken (2 Blatt)

 

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereich Straßenbau

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Weiß

 

 

Dezernat II

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Kurz

 

 

Landrat

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Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Tischvorlage 1 (865 KB)    
Anlage 2 2 Tischvorlage 2 (699 KB)