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Vorlage - 069/2010  

 
 
Betreff: Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung im Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Kenntnisnahme
15.06.2010 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Flyer zur Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Der Schutz des ungeborenen Lebens ist eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe.

1995 hat der Gesetzgeber mit dem Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz (SFHÄndG) die gesetzlichen Grundlagen der Schwangeren- und Schwangerschafts-konfliktberatung geändert und mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz einen umfassenden Rechtsanspruch auf Beratung während der Schwangerschaft und nach der Geburt geregelt. Kern der unter Berücksichtigung des Bundesverfassungsgerichts-urteils vom 28. Mai 1993 gefundenen Lösung ist die Beratungsregelung zum Schutz des ungeborenen Lebens.

 

Rechtsgrundlagen für die Beratung im Einzelnen sind das Strafgesetzbuch (StGB), hier insbesondere die §§ 218 u. 219 StGB, und das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG). 2009 wurde der Rechtsanspruch auf Beratung im Kontext der medizinischen Indikation erweitert und konkretisiert.

 

Das Schwangerschaftskonfliktgesetz regelt Details der Beratung der Schwangeren in einem Schwangerschaftskonflikt während der ersten 12 Wochen der Schwangerschaft, im Vorfeld möglicher medizinischer Indikationen sowie zum allgemeinen und psychosozialen Beratungsanspruch in sämtlichen Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie zu allen eine Schwangerschaft berührenden Fragen.

 

Es ist Aufgabe des Landes, ein ausreichendes Angebot an Beratungsstellen, die unterschiedliche weltanschauliche Ausrichtungen haben, sicherzustellen. Die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung wird durch Mittel des Landes Baden-Württemberg im Umfang von 80 % der Personal- und Sachkosten gefördert.

 

 

II. Aufgaben der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktbera-              tungsstellen

 

 

1. Allgemeine Schwangerenberatung nach §§ 2 ff. SchKG

 

Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz hat jede Frau und jeder Mann das Recht, sich in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle informieren und beraten zu lassen.

 

Der Anspruch auf Beratung umfasst Informationen über

 

  • Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung
  • familienfördernde Leistungen, Hilfen für Kinder und Familien, besondere Rechte im Arbeitsleben
  • Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft und die Kosten der Entbindung
  • soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, insbesondere finanzielle Leistungen sowie Hilfen bei der Suche nach Wohnung, Arbeits- oder  Ausbildungsplatz oder deren Erhalt             
  • Hilfsmöglichkeiten für behinderte Menschen und ihre Familien vor und nach der Geburt eines in seiner körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheit geschädigten Kindes
  • Methoden und Informationen zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs und seiner psychischen und physischen Folgen und Risiken
  • Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft
  • rechtliche und psychologische Gesichtspunkte in Zusammenhang mit einer Adoption

 

Auf Wunsch der Schwangeren sind Dritte zur Beratung hinzuzuziehen. Zur Beratung gehört auch die Beratung nach einem Schwangerschaftsabbruch.

 

 

 

2. Aufgaben in der Schwangerschaftskonfliktberatung

                    

Nach § 218 a Abs. 1 StGB ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn

 

         die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt,

         die Schwangere durch eine Bescheinigung nachweist, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,

         der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und

         seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

 

Nach § 219 Abs. 1 StGB dient die Beratung dem Schutz des ungeborenen Lebens. Die Frau soll zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigt werden, ihr sollen Perspektiven für ein Leben mit dem Kind eröffnet werden. Der Frau soll deutlich gemacht werden, dass auch das Ungeborene ein eigenes Recht auf Leben hat. Der Schwangerschaftsabbruch soll nur in einer Ausnahmesituation in Betracht kommen. Die Beratung soll durch Rat und Hilfe dazu beitragen, die Konfliktlage zu bewältigen und einer Notlage abzuhelfen. Die verantwortliche Entscheidung über den eventuellen Schwangerschaftsabbruch liegt letztendlich bei der betroffenen Frau.

 

Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sollen gut zugänglich und erreichbar sein und schnellstmöglich Termine vergeben können. Die Beratung kann nur durch eine anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle erfolgen. Im Ostalbkreis sind dies die Beratungsstelle der Diakonie und die kreiseigene Beratungsstelle. Die Beratungsstelle hat der Schwangeren nach Abschluss der Beratung eine Beratungsbescheinigung auszustellen.

 

 

3. Beratung und Begleitung nach der Geburt

 

Die Beratung und Begleitung von Müttern/Eltern auch nach der Geburt eines Kindes gehört ebenfalls zum Beratungsauftrag der Schwangerenberatungsstellen.

 

Im Zusammenhang mit dem Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“ wurde der Bereich früher Kinderschutz für Eltern mit Kleinstkindern als Schwerpunkt besonders herausgehoben und neu gewichtet. In diesem Rahmen sind frühe Informationen und Beratung von Eltern als präventives Frühwarnsystem angelegt, um Gefährdungsrisiken beim Kind rechtzeitig zu erkennen bzw. erst gar nicht entstehen zu lassen. 

 

Da Kinderschutz auf der Grundlage interdisziplinärer Zusammenarbeit besser zu gewährleisten ist und frühe Hilfen passgenau und adäquat zur Verfügung gestellt werden können, wurde auch die Zusammenarbeit im medizinischen Bereich (Hebammen, Entbindungsstationen, Kinderärzte, Frühförderstellen etc.) wirksam vernetzt und intensiviert.

 

 

4. Präventionsbereich

 

Um ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, bieten die Beratungsstellen des Ostalbkreises auf der Grundlage des § 2 SFHÄndG Einzelveranstaltungen und auch Veranstaltungsreihen an Schulen und anderen Einrichtungen zu folgenden Themen an:

 

  • Liebe, Sexualität und Freundschaft

 

  • Verhütung und Schwangerschaft

 

  • Schwangerschaftskonflikt

 

Begleitend zum Lehrplan oder als besonderes Projekt werden die genannten Themen erörtert und vertieft, z.B. in Gruppenarbeit oder Diskussionsrunden. Die Einheiten werden mit den jeweiligen Lehrkräften vorbesprochen und teilweise zusammen mit ihnen durchgeführt.

 

 

 

III. Beratungsangebot im Ostalbkreis

 

Im Ostalbkreis besteht ein gut ausgebautes, wohnortnahes und vielfältiges Angebot an allgemeiner Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung. Die Beratungsstellen der Caritas und Diakonie sind jeweils mit 2,0 Stellen ausgestattet, die kreiseigene Beratungsstelle mit 2,5 Stellen. Entscheidet sich die Schwangere gegen eine Fortführung der Schwangerschaft, so stellen die anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach der Beratung den so genannten „Beratungsschein“ aus. Dieser ist Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch. Keinen „Beratungsschein“ erteilen die katholischen Beratungsstellen.

 

Die Beratung wird im Ostalbkreis dezentral an drei Standorten angeboten.

 

Aalen:

 

  • Caritas Ost-Württemberg, Katholische Schwangerschaftsberatungsstelle
  • Kreisdiakonieverband Ostalbkreis, Diakonische Bezirksstelle
  • Landratsamt Ostalbkreis, Beratungsstelle für Schwangere und Eltern mit Kleinstkindern

 

 

Ellwangen:

 

  • Caritas Ost-Württemberg, Katholische Schwangerschaftsberatungsstelle
  • Kreisdiakonieverband Ostalbkreis, Haus der Diakonie Ellwangen

 

 

Schwäbisch Gmünd:

 

  • Caritas Ost-Württemberg, Katholische Schwangerschaftsberatungsstelle
  • Kreisdiakonieverband Ostalbkreis, Diakonische Bezirksstelle
  • Landratsamt Ostalbkreis, Beratungsstelle für Schwangere und Eltern mit Kleinstkindern

 

 

 

IV. Beratungszahlen im Ostalbkreis 2009


 

 

 

 

 

 

V. Entwicklung und Ausblick

 

Seit dem 01.01.2010 ist das Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonflikt-gesetzes in Kraft. Der neu eingefügte § 2a SchKG regelt die Aufklärung und Beratung für Fälle, bei denen nach pränataldiagnostischen Maßnahmen dringende Gründe für die Annahme einer körperlichen oder geistigen Schädigung des Kindes sprechen. In diesen Fällen hat der Arzt die Schwangere über den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung zu informieren und im Einvernehmen mit der Schwangeren den Kontakt zur Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle zu vermitteln. Vor der Feststellung der Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch hat der Arzt eine schriftliche Bestätigung der Schwangeren über die psychosoziale Beratung oder über den Verzicht darauf einzuholen. Durch die interdisziplinäre Vernetzung von ärztlicher und psychosozialer Beratung im Fall eines auffälligen Befundes soll eine frühzeitige und verbesserte Information, Beratung und Unterstützung von werdenden Eltern erreicht werden.

 

Seit 01.02.2010 regelt das Gendiagnostikgesetz eine ärztliche Hinweispflicht auf den Anspruch der Schwangeren auf psychosoziale Beratung (z. B. in einer Schwangerschaftsberatungsstelle) vor jeder Inanspruchnahme einer invasiven Untersuchung.

 

 

Die Beratungsstellen für Schwangere haben in Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zusätzlich einzelne unterschiedliche Beratungsschwerpunkte und bieten dort qualifizierte Beratung weitergehend und vertieft an.

 

  • Die Beratungsstellen der Caritas und der Diakonie im Ostalbkreis verfügen über ein vertiefendes Beratungsangebot zu den Fragestellungen für Schwangere in Zusammenhang mit pränataldiagnostischen Untersuchungen.

 

  • Die Beratungsstelle des Landratsamts Ostalbkreis bietet ein vertiefendes Beratungsangebot auf dem Gebiet der entwicklungspsychologischen Beratung und dem Bereich „Frühe Hilfen“ an.

 

 

In der Sitzung am 15.06.2010 werden die Schwangerenberaterinnen Frau Sylke Gamisch (Diakonie), Frau Irmgard Dambacher (Caritas) und Frau Birgit Stephan (Landratsamt) die Arbeit der Beratungsstellen vorstellen.

 

 

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Zwei der drei Mitarbeiterinnen der landkreiseigenen Beratungsstelle sind Landesbedienstete. Ihre Personalkosten werden somit vom Land finanziert. Für die weitere 50 %-Stelle entstehen dem Ostalbkreis unter Berücksichtigung der Landesförderung Personalkosten im Jahr 2010 in Höhe von 7.517 €.

 

Der Ostalbkreis fördert im Jahr 2010 die Beratungsstelle des Evangelischen Kirchenbezirkes Aalen mit einem Zuschuss in Höhe von 12.500 €.

 

Anlagen

Anlagen

 

Flyer zur Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung

 

 

 

Sichtvermerke

 

Jugend und Familie

__________________________________________

 

Funk

 

 

Dezernent

__________________________________________

 

Rettenmaier

 

 

Dezernat II

__________________________________________

 

Kurz

 

 

Landrat

__________________________________________

 

Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Flyer zur Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung (2928 KB)