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Vorlage - 034/2010  

 
 
Betreff: Wald und Forstwirtschaft im Ostalbkreis im Jahr 2009
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t III   
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
23.03.2010 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Leistungsbilanz 2009

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Der Kreistag nimmt von den Ausführungen der Verwaltung Kenntnis.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

 

Neubau des Forstwirt-Ausbildungszentrums Hohenohl, Stand des Verfahrens

Im Ostalbkreis arbeiten regelmäßig ca. 400 professionelle Waldarbeiter als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im Staats- und Körperschaftswald, sowie als Mitarbeiter privater Forstunternehmer in allen Waldbesitzarten. Darüber hinaus arbeitet eine hohe Anzahl von landwirtschaftlichen Betriebsinhabern und deren Familienangehörigen vor allem im bäuerlichen Privatwald (ca. ¾ des Kleinprivatwaldes).

 

Es ist erklärtes Ziel des Ostalbkreises, den Berufsstand der Waldarbeiter zu stärken und die handwerklichen Fertigkeiten der Waldbesitzer bei der unfallträchtigen Waldarbeit sicher zu stellen.

 

Die Ausbildungsstellen in Hohenohl und Ellenberg stellen regelmäßig 15-18 Ausbildungsplätze (verteilt auf 3 Ausbildungsjahre) bereit und führen eine qualifizierte Ausbildung zum Forstwirt durch. Die Absolventen finden i. d. R. unmittelbar Anschlussbeschäftigungen im erlernten Beruf oder in verwandten Bereichen. Darüber hinaus werden Fortbildungsmaßnahmen für Privatpersonen (z.B. Motorsägenlehrgänge) angeboten.

 

Das Konzept der wohnortsnahen Ausbildung wird vom Land mitgetragen. Die Ausbildungsstelle in Hohenohl wird 2010/2011 baulich erneuert. Grundsätzlich ist das Land Bauträger und wird den Löwenanteil der Kosten tragen. Landkreis und Gemeinde haben eine finanzielle Beteiligung in Aussicht gestellt. Die weitergehenden konzeptionellen Ansätze des Ostalbkreises (Waldpädagogik, Wildkammer, Gefahrstoffe) werden zeitnah zwischen staatlichem Bauamt und dem Landratsamt abgestimmt.

 

 

Forsteinrichtung

Seit 2009 läuft in allen öffentlichen Wäldern und in den größeren, betreuten Privatwäldern im Ostalbkreis die 10-jährige Inventur und Planung. Planungszeitraum ist der 01.01.2011- 31.12.2020. Gegenstand der Arbeiten, die durch Spezialisten der Forstdirektion Tübingen in Zusammenarbeit mit dem Forstpersonal im Ostalbkreis durchgeführt werden, sind die Würdigung des abgelaufenen Planungsjahrzehnts, die Erfassung der naturalen Entwicklung im Wald und die Erstellung einer dem Nachhaltigkeitsgrundsatz verpflichteten, betrieblichen Planung für weitere 10 Jahre. Der Umfang der Arbeiten beträgt ca. 40.000 ha verteilt auf 55 Forstbetriebe!

 

 

Forstwirtschaft und Naturschutz

Rd. 35.000 ha Waldfläche  im Ostalbkreis (z. T. überlagernd) dienen durch entsprechende rechtliche Festsetzung in besonderem Maße dem Natur- und Landschaftsschutz (vgl. 60.000 ha Gesamtwaldfläche). Es handelt sich um Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Natura 2000-Gebiete, geschützte Biotope oder Biotopschutzwälder. Naturschutz ist seit jeher integraler Bestandteil der Waldwirtschaft.

 

Seit Etablierung der Natura 2000 Kulissen mit FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten, die im Ostalbkreis insbesondere auch im Wald große Flächen belegen (ca. 10.000 ha), häufen sich die Konflikte mit privaten Naturschutzverbänden. Von deren Seite wird immer öfter die Frage aufgeworfen, inwieweit die Nutzung der Waldbestände durch den Waldbesitzer überhaupt noch zulässig ist bzw. wie weitgehend Einschränkungen toleriert werden müssen. Der Geschäftsbereich Wald und Forstwirtschaft stellt sich der Diskussion, anerkennt die Naturschutzbelange, verweist aber auch stets darauf, dass die jetzt als schutzwürdig angesehenen Wälder durch eine nachhaltige, ordnungsgemäße Forstwirtschaft, d.h. auch durch geordnete Holznutzung entstanden sind. Zur Minimierung von Konflikten wurde ein forstinternes Meldeverfahren eingeführt, das die Konformität von forstlichen Maßnahmen mit den Schutz und Erhaltungszielen der Natura 2000-Gebiete überprüft.

 

Derzeit wird im Staatswald das sogenannte Alt- und Totholzkonzept umgesetzt. In diesem Zuge werden Waldteile und Baumgruppen aus der Bewirtschaftung genommen und die Bäume der natürlichen Entwicklung und dem Zerfall überlassen. Das Konzept dient dem Erhalt und der Förderung einer Vielzahl geschützter Tier- und Pflanzenarten, die auf Alt- und Totholz angewiesen sind. Für den Staatswald im Ostalbkreis bedeutet dies ein Nutzungsverzicht auf ca. 1000 ha (!) Waldfläche.

 

Es werden unterschieden:

 

Besondere Einzelbäume:

Zum Beispiel Bäume mit Schwarzspechthöhlen, die dauerhaft markiert und geschützt werden.

 

Habitatbaumgruppen:

Gruppen alter Bäume, die dauerhaft gekennzeichnet werden. Aus ihnen können uralte Baumveteranen entstehen, die früher oder später absterben und langsam zerfallen. Die Gruppen sind auf großer Fläche verteilt und dienen u. a. als Trittsteine für die Ausbreitung der geschützten Arten.

 

Waldrefugien:

Größere, zusammenhängende Waldflächen, die sich selbst überlassen werden. Bei der Auswahl werden sehr alte Wälder, schwer zugängliche Waldteile, seltene Waldgesellschaften sowie seltene Artvorkommen berücksichtigt. Die Flächen dienen als Rückzugs- und Quellgebiete für die Ausbreitung geschützter Arten.

 

 

Aktionsprogramm Arbeitssicherheit

Aufgrund der Tatsache, dass die Waldarbeit nach wie vor zu den unfallträchtigsten Berufen zählt, wurden seit der Umsetzung der Verwaltungsreform im Ostalbkreis eine Reihe von Maßnahmen zur Unfallverhütung ergriffen.

 

  • Lückenlose Festlegung von Rettungspunkten für die allgemeinen Rettungsdienste im gesamten Ostalbkreis mit Anschluss der benachbarten Landkreise. Einführung bei den Rettungsdiensten.
  • Ausbildung einer eigenen Sicherheitsfachkraft für den Forstbereich durch die 

     Unfallkasse.

  • Einsatz von Waldarbeitstrainern (Forstwirtschaftsmeister) in den Arbeitsgruppen.
  • Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung für die Waldarbeit im Ostalbkreis.
  • Rettungsübungen mit Waldarbeitern und Rettungskräften am 26. Oktober 2009 und am 8. April 2010.
     

 

Landesbetrieb ForstBW

Zum 01.01.2009 (fiskalisch) und zum 01.01.2010 (organisatorisch) wurde der Landesbetrieb ForstBW etabliert und löste somit die Landesforstverwaltung alter Prägung ab. Der Landesbetrieb bekennt sich zu einem Zielsystem in dem betriebswirtschaftliche Ziele, Zielsetzungen in der Daseinsvorsorge (Schutz und Erholungsfunktion) und der Bildung gleichwertig sein sollen. Damit wird das traditionelle Rollenverständnis der ehemaligen Landesforstverwaltung mit einer multifunktionalen Forstwirtschaft fortgeführt. Der Landesbetrieb bleibt folgerichtig auch als Einheitsforstverwaltung mit Zuständigkeit für alle Waldbesitzarten erhalten.

 

Für die unteren Forstbehörde(n) verändert sich v. a. das Finanzgebaren. An die Stelle eines kameralistischen Haushaltsvollzugs ist die Nettobudgetierung getreten. Mit dem Finanzministerium wurde seitens des Landesbetriebs ein verbindlicher jährlicher „Ablieferungsbetrag“ vereinbart (landesweit ca. 20 Mio. €). Mit Einkünften die diesen Betrag übersteigen, können betriebliche Rücklagen gebildet werden. Dies eröffnet auch den Kreisforstbetrieben (im Staatswald) einen flexibleren Mitteleinsatz. Durch die Verleihung einer eigenen Personalzuständigkeit an den Landesbetrieb soll der durch die Umsetzung der Verwaltungsreform nahezu zum Erliegen gekommene Personalaustausch zwischen den Verwaltungsebenen wieder vermehrt ermöglicht werden. Für das Gesamtergebnis des Landesbetriebs ist der Betriebsteil Ostalbkreis besonders bedeutsam, da er, sowohl was die Flächenausstattung, als auch was die Nutzungspotenziale anbetrifft, z. T. erheblich über dem Durchschnitt im Land rangiert (Nettokassenergebnis 2009 im Betriebsteil Ostalbkreis 4,8 Mio. €).

 

 

Wald und Klimawandel

Der heraufziehende Klimawandel trifft die Wälder und die Waldwirtschaft in erheblichem Maße. Die tendenzielle Erwärmung führt zu Kalamitäten durch Sturmereignisse und Borkenkäferbefall speziell bei der Baumart Fichte. Um das Risiko zu minimieren, müssen Waldumbauten in großem Stil vorgenommen werden. Statt störungsanfälliger Fichtenreinbestände werden vermehrt Mischbestände, bzw. dort wo es die standörtliche Situation erfordert, stabile Laubholzbestände angebaut. Dies betrifft alle Waldbesitzarten in gleichem Maße. Der Ostalbkreis ist mit seinem relativ hohen Fichtenanteil ( ca. 45 %) besonders betroffen. Dies bedeutet zukünftig erhebliche Kraftanstrengungen für das Forstpersonal und die Waldbesitzer. V. a. im Kleinprivatwald werden seitens der Unteren Forstbehörde zusätzliche, umfangreiche Beratungsaufgaben zu leisten sein, um den Wald mittel- bis langfristig krisensicher zu machen.

 

 

Holz als Energieträger

Die Diskussion um erneuerbare Energien rückt auch den Wald und seine nutzbaren Potenziale in den Mittelpunkt des Interesses. Noch sind die Nutzungsmöglichkeiten und die Logistik, z.B. in Sachen thermische Verwertung von Waldresthölzern, noch nicht ausreichend entwickelt. Es ist jedoch unstrittig, dass auch der Wald seinen Beitrag für eine ökologisch ausgerichtete Energiegewinnung leisten kann.

 

Die Nachfrage nach Brennholz ist in den zurückliegenden Jahren stark angestiegen. Neben der häuslichen Verwendung hat vor allem im gewerblichen und kommunalen Bereich die Brennholznutzung, meist in Form von Hackschnitzeln oder Holzpellets, einen Boom erlebt. Aus ökologischer Sicht ist die thermische Verwertung von Holz positiv zu bewerten. Es handelt sich um eine regenerative Energieform, die CO2-neutral ist. Darüber hinaus ist die Gesamtökobilanz günstig, da insbesondere kurze Gewinnungs- und Transportwege überwiegen. Die Wertschöpfung verbleibt in der Region! Ein weiterer Aspekt ist die Beförderung der Waldpflege durch planmäßige Waldnutzung, was wiederum der Walderhaltung im weitesten Sinne dient und damit einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.

 

Jährlich werden im Ostalbreis seitens des Forstdezernats rd. 40.000 Festmeter Brennholz vermarktet. Darin nicht enthalten sind Mengen, die im Privatwald für die Eigenverwendung etc. geerntet werden. Entsprechend seines relativen Anteils am Gesamtwald, kann das Aufkommen dort auf noch einmal 15.000 - 20.000 Fm geschätzt werden. Derzeit noch brach liegendes, mobilisierbares Potenzial dürfte sich im Ostalbkreis auf weitere 50.000 Fm belaufen. Speziell im Kleinprivatwald hat die Bundeswaldinventur II (2002) erhebliche Nutzungsreserven ausgemacht. Es ergibt sich ein Potenzial von über 100.000 Fm pro Jahr. Dies entspricht je nach Feuchtegrad des Holzes einem Heizwert von 15 Mio. - 30 Mio. Liter oder 13.000 - 26.000 Tonnen Heizöl.

 

 

 Wald und Wild - forstliches Gutachten zum Abschussplan

Im Jahr 2009 wurde landesweit das „Forstliche Gutachten zum Abschussplan“ erstellt. Regelmäßig alle 3 Jahre wird durch das örtlich zuständige Forstpersonal der Wildverbiss an den Hauptbaumarten erhoben. Die Ergebnisse dienen den Jägern zur Orientierung, ob ein örtlich angepasster Wildbestand hergestellt ist, bzw. inwieweit nachgesteuert werden muss, d.h. der Abschuss erhöht oder gesenkt werden muss.

 

Ergebnisse des Forstlichen Gutachtens auf Landesebene:

Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass sich die Verjüngungsfläche seit 1986 mehr als verdoppelt hat. Während vor 20 Jahren auf ca. 90.000 ha (= 8 % der Waldfläche) Verjüngung anzutreffen war, liegt dieser Wert heute bei 210.000 ha =  17 % (Ostalbkreis 11.000 ha =19 %)

 

  • Bei den flächenmäßig bedeutsamen Baumarten Fichte und Buche sind die Anstrengungen zur Problemlösung erfolgreich gewesen. Sowohl Einzel- als auch Zaunschutz ist bei diesen Baumarten praktisch nicht mehr erforderlich. Diese Feststellung trifft auch für den Ostalbkreis zu!
  • Bei der Tanne nimmt in den letzten 10 Jahren der Anteil der Reviere mit starkem Verbiss von 22 % im Jahr 1998 auf 30 % in 2009 sukzessive zu (Ostalbkreis                             22 %). Im Ostalbkreis kann das Verjüngungsziel auf rd. 57 % der Fläche, das sind rd. 1.150 ha voraussichtlich nicht oder nur eingeschränkt erreicht werden!
  • Bei der Eiche hat sich am Ausmaß der Verbissbelastung seit 20 Jahren fast nichts geändert. Nahezu unverändert weisen 40 % der Jagdreviere eine starke Verbissbelastung auf (Ostalbkreis 31 %).

              Im Ostalbkreis kann das Verjüngungsziel auf rd. 70 % der Fläche, das sind

              rd . 140 ha, voraussichtlich nicht oder nur eingeschränkt erreicht werden!

 

              Baumart Eiche              Baumart Tanne

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Projekt Gewaltprävention und Waldpädagogik

2009 wurden 4 Projekte an den Realschulen Mutlangen (3) und Lorch jeweils mit sechsten Klassen durchgeführt. Die Projekte bestehen jeweils aus einem halbtägigen Baustein (Kompetenztraining) in der Schule und einem zweitägigen Teil im Wald (Wald- und Erlebnispädagogik, Arbeitseinsatz). Das Personal für die Betreuung wird vom Forst- und Sozialdezernat gestellt. Für das Jahr 2010 sind wieder fünf Schulprojekte vorgesehen.

Das Konzept wurde 2009 im Rahmen einer Diplomarbeit an der Hochschule Mannheim (Fabienne Welzel) evaluiert. Dabei wurde die gute Tauglichkeit der Maßnahme zur Erreichung der definierten Ziele festgestellt.

 

 

Waldbesitzerforum 27.10.2010

Am 21. April 2009 (Abendveranstaltung) wurde erstmals im Ostalbkreis eine Waldbesitzerversammlung durchgeführt. Nach einer durchaus positiven Resonanz wird die Reihe in diesem Jahr fortgeführt. Das Waldforum 2010 findet am 27. Oktober wiederum im Großen Sitzungssaal im LRA Ostalbkreis statt. Für den Gastvortrag zum Thema „Wald und Naturschutz“ wurde Herr Agrarminister Rudolf Köberle, MdL angefragt. Die Teilnahme von mindestens 250-300 Waldbesitzern und Waldinteressierten wird angestrebt.

 

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

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Anlagen

Anlage

 

Leistungsbilanz des Geschäftsbereichs Wald und Forstwirtschaft im Landratsamt Ostalbkreis

 

 


 

 

 

Sichtvermerke

 

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Reck

Dezernat II

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Hubel

Landrat

__________________________________________

 

Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Leistungsbilanz 2009 (982 KB)