Bürgerinformationssystem
Antrag der Verwaltung:
Kenntnisnahme Sachverhalt/Begründung:
I. Ausgangssituation und Allgemeines
1. Kostenzuwächse bei Sozialausgaben
Die Sozialausgaben der Landkreise in Baden-Württemberg haben 2009 ein neues Allzeit-Rekord-Niveau erreicht. Dies geht aus der Sozialstudie des Landkreistags Baden-Württemberg für 2009 hervor, die auf den Haushaltsplänen der Landkreise basiert. Die Sozialleistungsquote erreichte im letzten Jahr 78 %, d. h. von 100 € der gesamten allgemeinen Deckungsmittel der Landkreise müssen 78 € für Soziales ausgegeben werden. Bei einer Reihe von Landkreisen reichte die Kreisumlage nicht aus, um den sozialen Zuschussbedarf zu decken.
Bund, Länder und Kommunen müssen sich in den nächsten Jahren auf die Auswirkungen der in einem bisher nicht bekannten Ausmaß gesunkenen Steuereinnahmen einstellen. Parallel dazu werden die Kreise ab 2011 die volle Wucht der Konjunkturkrise, die derzeit noch durch Maßnahmen wie das Kurzarbeitergeld aufgefangen wird, mit deutlich steigenden Belastungen beim SGB II (Hartz IV) spüren. Auch die Ausgaben für Behinderte, für die Grundsicherung im Alter und die Jugendhilfe werden weiter steigen.
Wegen der unaufhörlich anwachsenden Sozialausgaben der Stadt- und Landkreise im Pflichtaufgabenbereich, fordern die Kommunalen Spitzenverbände seit Jahren – bislang erfolglos – Maßnahmen zur besseren Finanzausstattung. Der Landkreistag Baden-Württemberg wiederholte erst vor Kurzem seine Forderung nach einer Beteiligung an einer Wachstumssteuer zur strukturellen Verbesserung der Kreisfinanzen und um die Abhängigkeit von der Kreisumlage zu beseitigen.
Die besorgniserregende Entwicklung der Kommunalfinanzen im Allgemeinen und die besonderen Herausforderungen des Ostalbkreises wurden im Rahmen der Haushaltsplanberatungen auf Kreisebene im November/Dezember 2009 intensiv diskutiert. In allen Stellungnahmen der Fraktionen zum Kreishaushalt 2010 und bei den Beratungen in den Fachausschüssen kam die Sorge zum Ausdruck, dass der Kreishaushalt in den nächsten Jahren auf eine Zerreißprobe zu läuft und dringend Lösungen zur strukturellen Verbesserung der Kreisfinanzen gefunden werden müssen.
2. Anträge aus dem Kreistag
Der Vorsitzende der Kreistagsfraktion „Freie Wähler Ostalbkreis“, Bürgermeister Peter Traub, hatte in der Kreistagssitzung am 24.11.2009 beantragt,
„bis spätestens September 2010 konkret darzustellen, welche Ausgaben in den einzelnen Sozialhilfebereichen als Pflichtleistungen nicht beeinflussbar sind, welche Leistungen über den gesetzlichen Standard hinaus im Ostalbkreis erbracht werden, welche Leistungen, die auf Pflichtaufgaben beruhen, effizienter erbracht werden können und welche Leistungen freiwillig erbracht werden“.
In der gleichen Kreistagssitzung hatte Bürgermeister Peter Seyfried als Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion einen Bericht zu Handlungsoptionen in der Eingliederungshilfe und in der Kinder- und Jugendhilfe erbeten. Dieser Antrag ging auf eine gemeinsame Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses, des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses am 17.02.2009 zurück, in der das Sozialdezernat neben einer Kosten- und Leistungsentwicklung einzelner Hilfearten einen Maßnahmenkatalog zur Weiterentwicklung der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe aufgezeigt hatte.
II. Sozialleistungsaufgaben des Ostalbkreises
1. Allgemeines
Nach § 2 Landkreisordnung (LKrO) gliedert sich der Wirkungskreis des Kreises in freiwillige Aufgaben der Selbstverwaltung sowie Pflicht- und Weisungsaufgaben.
In eigener Verantwortung verwaltet der Landkreis in seinem Gebiet die öffentlichen Aufgaben, die die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Städte und Gemeinen übersteigen. Dies unterstreicht die subsidiäre Aufgabenstellung des Kreises. Er hat sich auf die Aufgaben zu beschränken, die der einheitlichen Versorgung und Betreuung der Einwohner des ganzen Landkreises oder eines größeren Teils desselben dienen.
Die Übernahme freiwilliger Aufgaben steht im finanziellen und politischen Ermessen des Kreistags. Bei freiwilligen Aufgaben hat der Landkreis die volle Eigenverantwortung darüber, ob er eine solche Aufgabe erfüllen will und wenn ja, wie und in welchem Umfang. Der Landkreis kann also in diesem Aufgabenbereich die Aufgabenträgerschaft sowie die Art und Weise der Aufgabenerfüllung eigenverantwortlich entscheiden. Er wird die Entscheidung zur Aufgabenwahrnehmung an ihrer Größe, seiner eigenen Verwaltungs- und Finanzkraft sowie an seiner Struktur orientieren.
2. Pflichtaufgaben
Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 3 LKrO sind (Selbstverwaltungs-) Aufgaben, zu deren Erfüllung der Landkreis gesetzlich verpflichtet ist. Die Verpflichtung kann unbedingt sein, dass heißt die Aufgabe ist in jedem Fall zu erfüllen. Sie kann jedoch auch bedingt sein, das heißt die Aufgabe ist bei Bedarf oder unter bestimmten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Verpflichtung bezieht sich grundsätzlich nur auf das „ob“ der Aufgabenerfüllung, nicht auf das „wie“.
Zu den Pflichtaufgaben – ohne Weisungsrecht – zählen im Sozialleistungsbereich:
Ø Örtliche Trägerschaft der Sozialhilfe (unter anderem SGB II, SGB XI, SGB XII) Ø Örtliche Trägerschaft der Jugendhilfe (Aufgaben- und Leistungsbeschreibung gemäß SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz)
3. Weisungsaufgaben
Weisungsaufgaben nach § 2 Abs. 4 LKrO sind Pflichtaufgaben, die an ein Weisungsrecht des Staates gekoppelt sind. Es handelt sich hierbei nicht um Selbstverwaltungsaufgaben des Landkreises im herkömmlichen Sinne. Die (Fach-) Aufsichtsbehörde kann hier im Einzelfall Weisungen über die Art und Weise der Aufgabenerledigung erteilen. Der Umfang des Weisungsrechts wird durch das Gesetz bestimmt.
Zu den Pflichtaufgaben nach Weisung im Sozialbereich zählen:
Ø Wohngeld Ø Ausbildungsförderung Ø Unterhaltssicherung Ø Unterhaltsvorschussleistungen Ø Soziales Entschädigungsrecht (Kriegsopfer- und Opferentschädigungsrecht, Schwerbehindertenrecht) Ø Lastenausgleich
4. Freiwillige Aufgaben
Freiwillige Aufgaben sind (Selbstverwaltungs-) Aufgaben, zu denen der Landkreis nicht verpflichtet ist, die er jedoch jederzeit übernehmen kann. Der Kreistag trifft die politische Entscheidung, ob und wie die Aufgaben erfüllt werden sollen. Der zur Verfügung stehende Entscheidungsspielraum für freiwillige Aufgaben wurde in den letzten Jahren aber immer enger, weil der Gesetzgeber die Aufgabenbereiche der kommunalen Selbstverwaltung selbst regelte und das Land zudem über die staatliche Förderpraxis sowie über Modellvorhaben die Inangriffnahme solcher freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben initiierte. Problematisch war und ist dabei, dass die Landesförderung nach Höhe und Dauer für die Kreise als Übernehmer der Aufgabe höchst ungewiss ist.
Auf der Grundlage des Einzelplans 4 im Kreishaushalt 2010, vermitteln die nachfolgenden tabellarischen Übersichten das derzeitige Spektrum der Sozialaufgaben des Ostalbkreises. Unter Berücksichtigung des Antrags der Kreistagsfraktion „Freie Wähler Ostalbkreis“ ist jeweils der Wirkungskreis, eine Kurzbeschreibung der Leistungen und eine Aussage zu den Gestaltungsmöglichkeiten enthalten. Geschäftsbereich Soziales
Stabsstelle Beratung, Planung, Prävention
Stabstelle Kreisjugendreferat/Geschäftsstelle Kreisjugendring e. V.
Einzelplan 4
III. Handlungsmöglichkeiten
1. Allgemeines
Wie die tabellarische Auflistung unter II. zeigt, sind die Gestaltungsmöglichkeiten kommunaler Sozialpolitik eng begrenzt und werden insbesondere in dem Maße eingeengt, in dem die Kommunen zum Ausfallbürgen staatlicher Sozialpolitik gemacht werden. Die kommunale Sozialpolitik ist in den letzten Jahren zunehmend in eine finanzpolitische Zangenbewegung geraten, aus der sie sich nur befreien könnte, wenn sie eigenständig und weitgreifend Schwerpunkte und Prioritäten bestimmen könnte. „Kommunale Sozialpolitik“ muss dabei in umfassender Weise verstanden werden, unter Einschluss der Arbeitsmarkt-, Gesundheits-, Kinder- und Familienpolitik sowie der großen Herausforderungen, die aus dem sozialen und demographischen Wandel her rühren.
2. Neuordnung sozialer Aufgabenfelder
Für eine Neubestimmung und Schwerpunktsetzung kommunaler Sozialpolitik müsste zudem endlich ein grundsätzlicher Diskurs darüber begonnen werden, welche sozialen und gesundheitlichen Aufgaben künftig von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungsträgern wahrgenommen werden sollen und welche organisatorischen und finanziellen Bedingungen für eine solche Neuorientierung erfüllt sein müssen. Es liegt klar auf der Hand, dass unser Sozialstaat seine Aufgaben in der Summe nur bewältigen kann, wenn die Belastungen und Herausforderungen für die Kommunen nicht übermächtig werden. Entscheidend ist dabei auch, dass die kommunale Ebene tatsächlich auf Entwicklungen einwirken kann und nicht nur in die Rolle des Reagierenden gedrängt wird.
Für die Neuordnung, für ein klares Konzept der Aufgaben- und Finanzverantwortung der drei Ebenen des föderalen Staates ist es letztlich entscheidend, ob sich Bund und Länder auf eine gerechte und verlässliche „Geschäftsgrundlage“ einlassen. Geschieht dies nicht und geht der Absturz der Kommunalfinanzen weiter, wird dies unweigerlich zu schmerzlichen Beeinträchtigungen der kommunalen Infrastruktur von Einrichtungen, Diensten und Transfers führen. Die klassische „Achillesferse“ der kommunalen Selbstverwaltung sind die rechtlichen Vorgaben und der zentralisierende bürokratische Zugriff von Bund und Ländern im Verbund mit einer mangelnden Finanzausstattung.
Ein absoluter Schwerpunkt zukunftsbezogener kommunaler Sozialpolitik ist die Herausforderung durch die demographische Entwicklung. Die Infrastruktur der Städte und Gemeinden wird sich immer stärker an den Bedürfnissen älterer, behinderter und pflegebedürftiger Menschen ausrichten müssen. Der unter dem Zwang demographischer Entwicklung notwendige Umbau der Alterssicherungssysteme und soziale Schutzlücken in Folge unsteter Erwerbsbiografien bei jüngeren Menschen werden sich im Sozialleistungsbereich der Kreise unmittelbar auswirken. Grundvoraussetzung für die Bewältigung dieser Aufgaben ist, dass zumindest die Existenzsicherung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger gesamtstaatlich gewährleistet bleibt. Wegen des unaufhaltsamen Wandels der Arbeitswelt besteht zudem auch aus kommunaler Sicht Handlungsbedarf im System der sozialen Sicherung. Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und die Notwendigkeit, die zunehmende Anzahl von Selbständigen ohne ausreichende Risikovorsorge für Erwerbslosigkeit, Krankheit, Invalidität, Alter und Pflegebedürftigkeit angemessen abzusichern, sind nur 2 Aspekte, die eine künftige massive Belastung der kommunalen Sozialleistungen bedeuten und damit die Gestaltungsmöglichkeiten weiter beeinträchtigen.
3. Aufgaben- und Handlungsschwerpunkte der Kreise
Die mit Abstand wichtigste Hilfeart im Rahmen der Sozialhilfe ist nach wie vor die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Trotz der Umsteuerung hin zu ambulanten Angeboten ist nach wie vor wegen zunehmender Zahlen behinderter Menschen mit weiteren deutlichen Kostensteigerungen zu rechnen. Die bundesweit erhobenen Ist- und Prognose-Zahlen lassen erkennen, dass aufgrund der ungebrochenen Zugangsdynamik und der damit verbundenen Finanzierungsschwierigkeiten alleine mit den vorhandenen Steuerungsinstrumenten der Sozialhilfeträger die Problematik der Eingliederungshilfe nicht gelöst werden kann.
Die anhaltende öffentliche Debatte über schwierige Kinder und Jugendliche, unzureichende Erziehung durch Eltern, schlechte Bildungsleistungen, mehr soziale Auffälligkeiten und psychische Erkrankungen von Jugendlichen, sowie deren zunehmende Gewaltbereitschaft und auch in Teilen soziale Verwahrlosung, machen vor allem eines deutlich: Die Kinder- und Jugendhilfe, auch im Ostalbkreis, ist zunehmend gefordert, Kindern und Jugendlichen zu Zukunfts- und Lebensperspektiven zu verhelfen, weil die Rahmenbedingungen im Elternhaus oder im sonstigen sozialen Umfeld defizitär sind.
4. Handlungsoptionen im Ostalbkreis
In der bereits erwähnten gemeinsamen Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses, des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses am 17.02.2009, hat die Verwaltung für die beiden großen Aufgabenfelder „Kinder- und Jugendhilfe“ und „Eingliederungshilfe für Behinderte“ Handlungsoptionen aufgezeigt, die dazu beitragen können, Hilfesysteme und –strukturen so zu verändern, dass sie einerseits sozialpolitisch effektiv wirken, im Sinne von „Hilfe zur Selbsthilfe“ und „Prävention statt Repression“ und andererseits zu einer Dämpfung des Kostenanstiegs beitragen.
Mit den nachfolgenden Ausführungen und mit der Vorlage zu TOP 4 „Sozialcontrolling“ werden diese Überlegungen nochmals aufgegriffen und dargestellt, welche Entwicklungen sich im zurückliegenden Jahr ergeben haben.
4.1 Kinder- und Jugendhilfe
Die Verwaltung hat mehrfach aufgezeigt, dass sich das Spektrum der Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Ostalbkreis in den letzten Jahren nachhaltig verändert hat. Mit einem stark forcierten Ausbau der ambulanten Hilfen, insbesondere der Sozialpädagogischen Familienhilfe, ist es gelungen, die familienunterstützenden Angebote nachhaltig zu stärken. Die Auswirkungen bzw. Effekte gezielter Umsteuerung in einzelnen Leistungsbereichen zeigen die nachfolgenden Ausführungen:
Ambulante Hilfen
Bei ambulanten Hilfen, wie Sozialpädagogischer Familienhilfe und Erziehungsbeistandschaft, wurde konsequent die Maßgabe verfolgt, in der Abschlussphase, spätestens 3 Monate vor Hilfeende, eine deutliche Reduzierung des Leistungsumfangs zu prüfen.
Das nachstehende Diagramm zeigt die Ausgabeentwicklung in diesem Bereich. Die Ausgaben konnten – im Gegensatz zur Entwicklung vorher – stabil gehalten werden. Allerdings sind die Handlungsspielräume weitestgehend ausgeschöpft. Die hohe Qualität der Leistungserbringung und die eng am erforderlichen Hilfebedarf ausgerichtete Hilfesteuerung müssen konsequent weitergeführt werden.
Ambulante Hilfen Der Geschäftsbereich Jugend und Familie beabsichtigt, die Bandbreite der Hilfen im ambulanten Bereich um ein weiteres Segment zu erweitern. Mit den freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe wird über den Einsatz von Familienpflegerinnen verhandelt. Dies wird ein weiterer wichtiger Beitrag zur Leistungsoptimierung und zur Steigerung der Kosteneffizienz werden.
Soziale Gruppenarbeit
Ausgehend von den äußerst positiven Erfahrungen der Familienorientierten Schülerhilfe (FOSH) an der Grundschule am Ipf in Bopfingen und der Familienorientierten Sozialen Gruppe (FSG) des Fördervereins Aufwind in Aalen, wird derzeit das Angebot an Sozialer Gruppenarbeit in Schwäbisch Gmünd neu konzipiert. Die künftige Tagesgruppe soll bei den Belegtagen flexibel zwischen 3 bis 5 Tagen, in der Abschlussphase auch nur noch 1 bis 2 Tage einsetzbar sein und je nach Bedarf eng mit einer intensiven Eltern- und Familienarbeit verknüpft werden. Durch diese Flexibilisierung kann das Angebot der künftigen Tagesgruppe dem individuellen Hilfebedarf besser gerecht werden und künftig nicht mehr wie bisher nur 10 sondern bis zu 15 Kinder aufnehmen. Dadurch wird die Hilfeform auch in ihrer Kosten-Nutzen-Relation verbessert. Die Verhandlungen mit der St. Canisius Kinder- und Jugendhilfe gGmbH über die geplante neue Tagesgruppe werden gemeinsam mit dem Landesjugendamt geführt.
Inobhutnahmen
Inobhutnahmen bei Gefahr für das Wohl des Kindes oder Jugendlichen werden innerhalb von 3 Arbeitstagen auf ihre Notwendigkeit überprüft und in der Regel nicht länger als 2 Wochen durchgeführt. Diese beschleunigte Fallbearbeitung und –steuerung wurde durch organisatorische Veränderungen innerhalb des Allgemeinen Sozialen Dienstes und des Fachdienstes Familien in Problemlagen beim Geschäftsbereich Jugend und Familie möglich.
Das folgende Schaubild zeigt die durchschnittliche Dauer der Inobhutnahmen in Tagen und bestätigt die Wirksamkeit der veränderten Steuerung.
Hilfeplanung zur Verselbständigung bzw. Rückführung
In Gesprächen mit Vertretern der stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wurden hinsichtlich der Familienrückführung und Verselbständigung von jungen Volljährigen detaillierte Verfahrensregeln abgestimmt. Spätestens 6 Monate vor Volljährigkeit werden mit den jungen Menschen und den Einrichtungen die Weichenstellungen zur selbständigen Lebensgestaltung festgelegt. Die Jugendhilfeträger gewährleisten in ihren stationären Gruppen, dass rechtzeitige und lebenspraktische Vorbereitungen auf die Verselbständigung stattfinden.
Dass dieses klar strukturierte und von allen Beteiligten mit getragene Verfahrensmodell auch kostenmäßige Auswirkungen hat, zeigt das nachfolgende Schaubild mit der Ausgabeentwicklung der Hilfen für junge Volljährige im Ostalbkreis.
Zuschussbedarf junge Volljährige
Vollzeitpflege
Der Geschäftsbereich Jugend und Familie verfügt seit Jahren über einen hochqualifizierten Fachdienst für Vollzeitpflege, der seine Arbeitsfelder sukzessive ausgeweitet und spezialisiert hat. Durch die innovative und qualifizierte Tätigkeit des Pflegekinderfachdienstes ist es gelungen, den Anteil der Kinder und Jugendlichen in Vollzeitpflege an den gesamten stationären Maßnahmen deutlich zu erhöhen. Der Fachdienst beschäftigt sich aktuell mit der Gewinnung von Pflegeeltern für Kinder mit besonderen Problemlagen.
Inhaltliche und finanzielle Steuerungsverantwortung des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD).
Auf der Grundlage der Einteilung des Ostalbkreises in 5 Sozial-/bzw. Planungsräume, für die jeweils ein ASD-Team zuständig ist, werden derzeit aussagekräftige Sozialstrukturdaten ermittelt. Diese bilden wiederum die Basis für den Anteil der in den jeweiligen Planungsräumen zur Verfügung stehenden Mittel.
In der Vorbereitung dazu wurden Empfehlungen von Herrn Dr. Bürger vom Landesjugendamt eingeholt. Als für die Jugendhilfe relevante soziostrukturelle Indikatoren wurden die unter 15-jährigen SGB II (Hartz IV)-Hilfebedürftigen, die SGB III (Arbeitslosengeld)-Empfänger zwischen 15 und 25 Jahren, sowie die von Trennung und Scheidung betroffenen Familien einbezogen. Aus diesen 3 Sozialstrukturindikatoren wurde mit der Bezugsgröße Jugendeinwohner (Einwohner unter 21 Jahren) ein Sozialstrukturindex ermittelt, der Aufschluss über den Jugendhilfebedarf im Planungsraum gibt. Die errechnete Verteilung auf die 5 Planungsräume muss um weitere Faktoren ergänzt werden.
Die in 2010 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für die Hilfen zur Erziehung können anschließend den Planungsräumen bzw. den ASD-Teams als Budget zur Verfügung gestellt werden. Durch quartalsweise Erfassung der Ausgaben und Fallzahlenentwicklung in Form eines Berichtsrasters erhalten die ASD-Teams ein neues Steuerungsinstrument.
Beispiel zur Planungsraumaufteilung:
4.2 Eingliederungshilfe für Behinderte
Nach den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes erhielten im Jahr 2008 ca. 713.000 Menschen Eingliederungshilfe mit einem Leistungsvolumen von 11,2 Mrd. €. Die Nettoausgaben erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als 4 Prozent.
Angesichts dramatisch steigender Kosten bei der Eingliederungshilfe für Behinderte fordern die Kommunalen Spitzenverbände seit Jahren ein Leistungsgesetz des Bundes für diesen Personenkreis. Es handelt sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe, die die Kommunen überfordert. Eine Erhebung der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe vom Januar 2010 dokumentiert eindeutig, dass der Fallzahlenzugang in der Behindertenhilfe, und zwar sowohl im Bereich des Betreuten Wohnens, als auch bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ungebrochen ist. Die Umsteuerung hin zu ambulanten Angeboten hat sich bewährt. Dies wird jedoch weit überkompensiert durch die nach wie vor sehr hohen Zugangszahlen zu den Werkstätten und Tagesförderstätten. Es gilt weiterhin, dass die Entwicklung der Gesamtfallzahlen unter den gegebenen Bedingungen von den Sozialhilfeträgern kaum beeinflussbar ist. Gesetzgeberischer Veränderungsbedarf besteht nach wie vor in folgenden Bereichen:
- Die Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung müssen auch Menschen mit Behinderungen vollumfänglich zur Verfügung stehen. Die Ungleichbehandlung bei den Leistungen der Pflegeversicherung muss endlich aufgehoben werden.
- Die Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfüllung der Schulpflicht anfallen, sind gesamthaft vom Land zu tragen.
- Die von kommunaler Seite seit Jahren geforderte angemessene Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe muss rasch erreicht werden.
In Politik und Gesellschaft besteht ein weitgehender Konsens, Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung zu ermöglichen. Mit diesem Paradigmenwechsel von der Fürsorge zur Unterstützung hat die Eingliederungshilfe insbesondere im letzten Jahrzehnt einen großen Wandel vollzogen.
Die Zahl der Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf nimmt zu. Dies wird sich auch aufgrund des medizinischen Fortschritts weiter fortsetzen. Diese für sich betrachtete positive Entwicklung trägt aber dazu bei, dass die Kreise die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit erreicht haben. Bundesweite Erhebungen belegen, dass dies der Situation bei allen Trägern der Sozialhilfe entspricht. Mit den herkömmlichen Finanzierungsgrundlagen werden die steigenden Aufwendungen in der Eingliederungshilfe nicht zu bewältigen sein.
Es ist deshalb zu bedauern, dass sich Bund und Land hinsichtlich einer Beteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfe immer noch verweigern und offensichtlich verkennen, dass durch eine Zuspitzung der Finanzprobleme das bisher erreichte Niveau der Eingliederungshilfe gefährdet wird. Zum 1. Januar 2009 ist die Konvention der Vereinten Nationen zum Schutz und zur Förderung der Rechte behinderter Menschen durch ein Bundesgesetz in Kraft getreten. Die Mitverantwortung des Bundes für Menschen mit Behinderungen darf sich nicht auf die Schaffung anspruchsbegründender Rechtsgrundlagen beschränken, sondern muss auch die Beteiligung an den erforderlichen finanziellen Mitteln umfassen.
In der Sitzung am 17.02.2009 hat die Verwaltung verschiedene Handlungsfelder aufgezeigt, die darauf abzielen, die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen an die allgemeinen Lebensbedingungen anzunähern (Wohnen in eigener Wohnung, Arbeiten auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt, Vorrang ambulanter Leistungen vor stationären Leistungen).
Daneben wurde ausgehend von Abstimmungsgesprächen mit der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg (GPA) die Überlegung eines landkreisspezifischen Benchmarking vorgestellt. Ursprünglich hatte die Verwaltung beabsichtigt, dem Kreistag die strukturelle Bewertung der Sozialleistungen und Sozialkosten des Ostalbkreises, insbesondere der Behindertenhilfe, durch die GPA vorzuschlagen. Mangels geeigneter und belastbarer Datengrundlagen hatte sich die GPA außer Stande gesehen, diese Stellungnahme zu erarbeiten.
Die beim Sozialdezernat neu eingerichtete Stabstelle „Sozialcontrolling“ hat im vergangenen Jahr im Rahmen eines externen Kostenvergleichs mit 7 weiteren Landkreisen die Aufwendungen der Eingliederungshilfe für Behinderte untersucht, um daraus konkrete Ansatzpunkte für eine effektive Planung und Steuerung ableiten zu können. Um die Situation des Ostalbkreises als örtlicher Träger der Eingliederungshilfe im Vergleich zu den Nachbarkreisen analysieren, Entwicklungen erkennen und daraus Handlungsstrategien für die Zukunft ableiten zu können, ist diese Datenerhebung und Datenaufbereitung von entscheidender Bedeutung. Unter dem Tagesordnungspunkt „Sozialcontrolling – Zwischenergebnisse aus der Eingliederungshilfe und weitere Verfahrensschritte“, werden die bisherigen Erkenntnisse und daraus resultierende Handlungsfelder vorgestellt. Um der Bedeutung der Eingliederungshilfe fachlich und finanziell gerecht zu werden und um Entwicklungen durch entsprechende Analysen weiter erkennen und entsprechend darauf reagieren zu können, werden die Erhebungen in den nächsten Jahren fortgesetzt.
Finanzierung und Folgekosten:
Siehe Ziffer II. |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||