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Vorlage - 003/2010  

 
 
Betreff: Gründung eines gemeinsamen Perinatalzentrums am Stauferklinikum/Ostalb-Klinikum
Status:öffentlich  
Federführend:Ostalb-Klinikum   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Kliniken und Gesundheit Entscheidung
09.02.2010 
Sitzung des Krankenhausausschusses ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Kooperationsvertrag_Perinatalzentrum
Anlage_2_Perinatalzentren_Mindestmenge_50

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Der Krankenhausausschuss stimmt der Gründung des Kooperativen Perinatalzentrums Ostalbkreis zu und beauftragt die Kliniken, alle Anstrengungen zu unternehmen, um das derzeit im Ostalbkreis gegebene Versorgungsangebot in der Neonatologie weiterhin aufrecht zu erhalten.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

Der Ostalbkreis als großer Flächenlandkreis hat in den beiden Kliniken Stauferklinikum und Ostalb-Klinikum mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg bewusst eine dezentrale Versorgungsstruktur in der Neonatologie aufgebaut.

 

Durch die neuen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses ist diese seit vielen Jahren bewährte Versorgungsstruktur gefährdet.

 

Mit der Gründung des Kooperativen Perinatalzentrums Ostalbkreis

·        soll die Qualität in der Versorgung nochmals gestärkt

·        sollen die Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses eindeutig erfüllt und

·        soll die bewährte dezentrale Versorgungsstruktur erhalten werden.

 

Das Ostalb-Klinikum und das Stauferklinikum sind seit vielen Jahren Teil der Frühgeborenenversorgung in Baden-Württemberg. Beide Kliniken sind als Perinatologischer Schwerpunkt im Krankenhausbedarfsplan ausgewiesen, das Ostalb-Klinikum mit 12 neonatologischen Betten, das Stauferklinikum mit 10 Betten. Die Krankenhausplanung in Baden-Württemberg unterscheidet zwischen perinatologischen Zentren (meist an Universitätskliniken oder großen Häusern der Maximalversorgung) und perinatologischen Schwerpunkten, in der Regel an Häusern der Zentralversorgung.

 

Seit über 20 Jahren gibt es in Baden-Württemberg Vernetzungen zwischen perinatologischen Zentren und perinatologischen Schwerpunkten. Das Ostalb-Klinikum und das Stauferklinikum waren Teil der ARGE Ulm, mit dem Zentrum an der Universitätsklinik Ulm sowie den perinatologischen Schwerpunkten in der Peripherie. Die Arbeitsgemeinschaften in Baden-Württemberg haben Qualitätsrichtlinien erarbeitet und die Arbeitsteilung zwischen Zentrum und Schwerpunkten verbindlich definiert. Die Ergebnisqualität in der Versorgung von Frühgeborenen war in Baden-Württemberg aufgrund dieser gut funktionierenden Arbeitsgemeinschaften im Bundesvergleich herausragend.

 

In anderen Bundesländern haben sich solche Netzwerke innerhalb der Frühgeborenenversorgung nicht ausgebildet. Viele kleine Kliniken haben dort auf sich allein gestellt, ohne starkes Netzwerk, auch Hochrisikofrühgeborene betreut. Im internationalen Vergleich ist Deutschland in der Ergebnisqualität der Frühgeborenenversorgung gegenüber Ländern, die nur spezialisierte Kliniken für die Frühgeborenenversorgung zulassen, abgerutscht.

 

Im Jahr 2005 wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, die Qualität in der Frühgeborenenversorgung zu überprüfen. Der G-BA ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für mehr als 70 Millionen Versicherte und legt damit fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV erstattet werden. Darüber hinaus beschließt der G-BA Maßnahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären Bereich des Gesundheitswesens. Diese Beschlüsse sind bundesweit verbindlich.

 

Der G-BA hat erstmals zum 01.01.2006 Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität für die Versorgung von Frühgeborenen definiert (Beschluss vom 20.09.2005). Dabei geht es in erster Linie um die Qualität von Personalausstattung und Infrastruktur, die notwendig sind, um gute Arbeit leisten zu können. Für die Einteilung der Kliniken in unterschiedliche Versorgungsstufen hat der G-BA vier Stufen entwickelt:

 

  • Level IV – Geburtskliniken
  • Level III – Perinatale Schwerpunkte:
    Geburtskliniken mit einer Kinderklinik im Haus oder Geburtskliniken, die mit einer Kinderklinik kooperieren.
  • Perinatalzentren Level II: 
    Hier werden Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht zwischen 1250g und 1499g versorgt.
  • Perinatalzentren Level I:
    Hier werden Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1250g versorgt.

 

Diese Einteilung unterscheidet sich deutlich von der Ausweisung im Krankenhausplan Baden-Württemberg. So können perinatologische Schwerpunkte nach dem Krankenhausplan entweder dem Level I, dem Level II oder dem Level III zugeordnet werden, je nachdem ob das Klinikum die für das jeweilige Level erforderliche Struktur- und Prozessqualität erfüllt oder nicht.

 

Alle Kliniken in Deutschland haben sich in der Folge des G-BA Beschlusses per Selbsteinstufung einer der neuen Versorgungsstufe zugeordnet. Das Stauferklinikum hat sich dem Perinatalzentrum Level I zugeordnet, das Ostalb-Klinikum dem Perinatalzentrum Level II. Das ebenfalls in der Krankenhausplanung als perinatologischer Schwerpunkt ausgewiesene Klinikum Heidenheim hat sich selbst als Perinataler Schwerpunkt Level III definiert.

 

Im Ergebnis sahen sich bundesweit allerdings viel mehr Kliniken dem Level I zugehörig als vom G-BA und auch den Kostenträgern erwartet. Das ursprüngliche Ziel, die Hochrisikofrühgeborenen auf wenige spezialisierte Zentren zu konzentrieren und damit die Qualität zu verbessern, wurde folglich nicht erreicht.

 

Deshalb wurde der G-BA-Beschluss von 2005 mit einem weiteren Beschluss vom 18.12.2008 konkretisiert, indem mit Wirkung vom 1. April 2009 eine Regelmäßigkeitszahl Voraussetzung für die Versorgung von Frühchen geworden ist. Die Regelmäßigkeitszahl 30 bedeutet für die Krankenhäuser, dass alle 30 Tage ein Frühchen in der jeweiligen Kategorie aufgenommen werden muss.

 

Am 20.08.2009 hat nun der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen, dass ab dem 1. Januar 2010 eine verbindliche Mindestmenge von 14 Fällen pro Jahr im Level I und im Level II die Voraussetzung dafür ist, dass Krankenhäuser auch weiterhin Frühgeborene in diesen Segmenten versorgen dürfen.

 

Parallel zu den Verschärfungen der G-BA Beschlüsse haben die Landesverbände der Krankenkassen den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) damit beauftragt, die vom G-BA recht allgemein gehaltenen Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität (streng) auszulegen und die Selbsteinstufungen der Kliniken kritisch zu hinterfragen.

 

Das Ostalb-Klinikum und das Stauferklinikum sind durch diese beiden Entwicklungen im Jahr 2009 gleichermaßen unter Druck geraten.

 

Der MDK wurde von den Krankenkassen dazu angehalten, strengste Maßstäbe anzulegen. Die Selbsteinstufungen der beiden Kliniken wurden deshalb zunächst nicht bestätigt. Im Laufe des Jahres 2009 gelang es den Kliniken, die Kritikpunkte des MDK aus ihrer Sicht aufzulösen. Allerdings spielt der MDK aus Berechnung oder aus schierer Überlastung auf Zeit und hat auch heute noch keine Einstufung der beiden Kliniken vorgenommen. Die Einstufung des MDK hat allerdings keine abschließende Rechtwirksamkeit.

 

Ein noch schwerwiegenderes Problem entstand aus der neuen Mindestmengenregelung, die beide Kliniken bei strenger Auslegung 2008 und 2009 nicht erfüllten. So behandelten beide Kliniken zwar mehr als 14 Frühgeborene unter 1.500g aber nicht 14 im Segment Level I bzw. Level II sondern über beide Kategorien hinweg.

 

Aufgrund dieser strengen Sicht der Landesverbände der Krankenkassen lagen die Budgetverhandlungen in den beiden Kliniken mehrere Monate auf Eis, da die Verhandlungsführer vor Ort kein Mandat für eine pragmatische Herangehensweise hatten. Um die einvernehmlichen Ergebnisse in den anderen Bereichen der Budgetvereinbarung 2009 nicht zu gefährden, haben die beiden Kliniken schließlich zugestimmt, ab Oktober 2009 bis zur endgültigen Klärung nur in Notfällen Frühgeborene im Level I und Level II zu behandeln.

 

Um die langfristigen Interessen Ostwürttembergs (Heidenheim ist ja bereits „nur“ Level III) zu wahren, haben das Stauferklinikum und das Ostalb-Klinikum daraufhin einen Vorstoß für ein kooperatives Perinatalzentrum unternommen. Geleitet wurden die Betriebsleitungen bei dieser Idee von einer bereits bestehenden kooperativen Regionalen Schlaganfalleinheit zwischen den Kliniken Aalen und Heidenheim. Die kooperative Schlaganfalleinheit wurde vor fünf Jahren gegründet, initiativ vom Sozialministerium angeregt, von den Kassen formal akzeptiert und inzwischen auch zertifiziert.

 

Zwischen Oktober und Mitte Dezember 2009 wurde in einer großen Kraftanstrengung von den beiden Kliniken ein Kooperationsvertrag (Anlage 1) sowie ein umfängliches Qualitätshandbuch für das zu gründende kooperative Perinatalzentrum erarbeitet und den Kostenträgern am 15. Dezember 2009 zugeleitet. Die Konzeption wurde von den Kostenträgern an den MDK weitergeleitet, welcher sie zurzeit prüft. Eine Rückmeldung steht noch aus.

 

Das Ostalb-Klinikum und das Stauferklinikum sind der Überzeugung, dass nur durch ein gemeinsam getragenes kooperatives Perinatalzentrum eine dem bisherigen Niveau entsprechende Versorgung von Frühgeborenen im Ostalbkreis möglich sein wird.

 

Schlussendlich geht es um die zukünftige Versorgungsstruktur und Versorgungsqualität in Ostwürttemberg und den angrenzenden Regionen. Die Vorstellung, dass eine Familie bei drohender Frühgeburt nicht mehr in der Region versorgt werden kann und in eine bis zu 100 km entfernte Klinik fahren muss, entspricht nicht der bisherigen Gesundheitspolitik im Ostalbkreis, zumal das Stauferklinikum im Westen des Landkreises und das Ostalb-Klinikum im Osten die personellen und strukturellen Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Versorgung vorhalten.

Würden die weitreichendsten Forderungen der Gesetzlichen Krankenversicherung mit einer Mindestmenge von 50 Frühchen < 1.500g Geburtsgewicht umgesetzt, müsste die Bevölkerung rund um die Region Ostwürttemberg sehr weite Wege in das nächstgelegene Perinatalzentrum in Kauf nehmen (Anlage 2).

Anlagen

Anlagen

 

Anlage 1: Kooperationsvereinbarung

Anlage 2: Karte

 

 


 

 

Sichtvermerke

 

Krankenhausdirektoren

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Janischowski / Hees


Koord. Krankenhausdirektor

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Luft

Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 2 1 Kooperationsvertrag_Perinatalzentrum (2652 KB)    
Anlage 1 2 Anlage_2_Perinatalzentren_Mindestmenge_50 (45 KB)