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Vorlage - 413/09  

 
 
Betreff: Resolution zur Neuorganisation der Aufgaben im Sozialgesetzbuch II
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V Beteiligt:Arbeitsgemeinschaft zur Beschäftigungsförderung im Ostalbkreis (ABO)
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
15.12.2009 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   
Anlagen:
Resolutionsentwurf

Antrag der Verwaltung:

 

Der Kreistag beschließt die beiliegende Resolution an den Bundesgesetzgeber

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung:

 

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Wiederholt hat die Verwaltung im Sozialausschuss und im Kreistag über die anstehenden gesetzlichen Neuregelungen zur Organisation der Aufgaben im Sozialgesetzbuch II (Hartz IV) berichtet. Einzelne Regelungen des IV. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ waren vom 2. Senat des Bundesverfassungsgerichtes mit Urteil vom 20.12.2007 für verfassungswidrig erklärt worden. Dem Gesetzgeber wurde aufgetragen bis 31.12.2010 eine verfassungskonforme Lösung herbeizuführen.

 

Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag zur

SGB II - Strukturreform folgendes ausgeführt:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

II. Bewertung der geplanten Organisationsstrukturen

 

Kernanliegen der Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe durch das SGB II war die Aufgabenwahrnehmung „aus einer Hand“ bzw. unter einer Regie. In den Arbeitsgemeinschaften wurden die Kompetenzen der Kreise und der Bundesagentur für Arbeit zusammengeführt. Damit sollten Verschiebebahnhöfe zwischen Hilfesystemen abgeschafft, das Neben- und Gegeneinander verschiedener Behörden beendet, die öffentlichen Mittel nicht auf die Verwaltung von Langzeitarbeitslosigkeit, sondern auf eine wirksame Hilfe für Betroffene konzentriert und Geldleistungen zur Grundsicherung und aktive Eingliederungsaktivitäten eng miteinander verknüpft werden.

 

Trotz mancher Schwierigkeiten in der Kooperation zwischen Kommunen und Arbeitsagenturen hat sich zwischenzeitlich „ein guter Geist“ der gemeinsamen Aufgabenerledigung entwickelt - zum Vorteil der Betroffenen, des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft. Die Arbeitsmarktberichte der Abo haben dies stets verdeutlicht.

 

Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung, wie sie jetzt von der Regierungskoalition geplant ist, führt zu einer Verschlechterung für alle Beteiligten:

 

  • Für die Geldleistungen müssten getrennte Bescheide ergehen

 

  • Widersprüche müssen dann zu einem großen Teil statt an eine Stelle wie bisher sowohl an den kommunalen Träger als auch an die Arbeitsagenturen gerichtet werden, ebenso Klagen vor den Sozialgerichten

 

  • Leistungen der aktiven Arbeitsförderung und Eingliederung würden von einem bedeutenden Bereich der Geldleistungen, nämlich allen Leistungen der Kommunen, abgespalten

 

  • Viele jetzt einheitlich erledigte Aufgaben, etwa die Außendienste, der Forderungseinzug und die Prüfung von Unterhaltsansprüchen müssten von jeder Seite getrennt und damit doppelt erledigt werden

 

  • Der im Gesetzesauftrag des SGB II angelegte Zusammenhang von Arbeitsförderung und sozialen Eingliederungshilfen würde auseinandergerissen

 

  • Die Rechtswege werden komplexer. Die ohnehin schon überlastete Sozialgerichtsbarkeit wird mit einer Flut neuer, nur durch die neue Organisationsform bedingten Klagen, konfrontiert

 

  • Durch die komplexer werdenden Verwaltungsprozesse steigt die Fehlerwahrscheinlichkeit. Das wird ein Auslöser für einen weiteren Anstieg der Zahl von Widersprüchen und Klagen sein und insgesamt die ohnehin fragile Akzeptanz des SGB II bei den Bürgern weiter in Frage stellen

 

  • Neue und zusätzliche Belastungen für die Betroffenen sind vorprogrammiert. Statt zu einer Stelle müssen sie nun zu zwei Behörden gehen, mehr Anträge ausfüllen und sich mit einer unübersichtlicheren Institutionenlandschaft auseinandersetzen

 

  • Die Kreise sind mit dem Ende der Arbeitsgemeinschaften nicht mehr an der aktiven Arbeitsförderung beteiligt. Damit geht kommunale Kompetenz, lokales Wissen und Vernetzungspotential verloren. Die Verzahnung kommunaler Sozialpolitik mit der Arbeitsförderung, z. B. in der Kinderbetreuung, der Jugendhilfe oder der Schuldnerberatung wird erschwert. Die Kreise werden über die Reduzierung ihrer Rolle auf die Gewährung von Geldleistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung und „flankierenden Leistungen“ zu passiven Akteuren des SGB II, die von den wirklich maßgeblichen Entscheidungen über Eingliederungsmaßnahmen ausgeschlossen werden

 

  • Durch die Doppelung vieler Prozesse wird es zu wesentlich erhöhten Verwaltungsaufwendungen kommen, sowohl auf kommunaler Seite als auch bei den Agenturen für Arbeit

 

  • Eine getrennte Aufgabenwahrnehmung wird erhebliche Probleme im Personalbereich mit sich bringen. Die kommunalen Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften werden in der übergroßen Mehrheit nicht zur Arbeitsagentur wechseln, auch wenn es „großzügige“ Angebote von Seiten der Arbeitsagenturen geben sollte

 

  • In der Gesamtbetrachtung droht eine deutliche Verschlechterung der Leistungsfähigkeit des Systems und dies mitten in der Arbeitsmarktkrise

 

Auch die Arbeits- und Sozialminister der Länder gehen auf deutliche Distanz zu den Plänen der Bundesregierung zur Jobcenter-Reform.

 

Bei ihrer letzten Konferenz am 26.11.2009 plädierten die Länderminister mit 15 Stimmen bei einer Enthaltung für die Überführung der Arbeitsgemeinschaften in rechtlich eigenständige Behörden mit eigener Personalhoheit. Als Grundlage dafür sieht die Arbeits- und Sozialministerkonferenz nach wie vor die sogenannten „Zentren für Arbeit und Grundsicherung - ZAG“, die eine gemeinsame Aufgabenwahrnehmung von Bund und Kommunen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende ermöglichen sollen. Dieses Modell war bereits im Herbst 2008 vom damaligen Bundesarbeitsminister Scholz vorgelegt worden. Es scheiterte jedoch am Widerstand der Unions-Bundestagsfraktion.

 

 

III. Erweiterung der Option

 

Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FPD für die 17. Legislaturperiode sieht eine Erweiterung der Option nicht vor, obwohl sie nach geltendem Verfassungsrecht möglich wäre. Auch im Entwurf eines Eckpunktepapiers des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 17.11.2009 zur Neuorganisation der Aufgabenwahrnehmung im SGB II ist ausgeführt, dass Neuzulassungen von Optionskommunen nicht erfolgen.

 

Der Deutsche Landkreistag setzt sich nach wie vor für eine Erweiterung der Option ein und begrüßt ausdrücklich entsprechende Beschlussfassungen in den Kreisen, um die eindeutige Positionierung in der Öffentlichkeit und gegenüber politischen Mandatsträgern nachhaltig zum Ausdruck zu bringen.

 

Sowohl Union als auch FDP haben Jahre lang die hohe Kompetenz der Kommunen bei den regionalen Arbeitsmarktaktivitäten hervorgehoben und die Ausweitung der sogenannten Optionslösung gefordert. Daran sollte jetzt mit Nachdruck erinnert werden. Die Erfahrungen und Kompetenzen der Kommunen waren und sind Mitgaranten einer aktiven und erfolgreichen Beschäftigungsförderung.

 

Das Optionsmodell als effektive Organisationsform, die eine ganzheitliche und individuelle Betreuung von Langzeitarbeitslosen gewährleistet, hat sich bestens bewährt. Der Bundesgesetzgeber sollte deshalb mit der in Anlage beigefügten Resolution aufgefordert werden, die Zahl der Optionskommunen deutlich zu erhöhen. Dies wäre ein wegweisender Schritt zur Verwirklichung des Kernanliegens einer Aufgabenwahrnehmung „aus einer Hand“.


Finanzierung und Folgekosten:

 

Die finanziellen Auswirkungen einer getrennten Aufgabenwahrnehmung durch die Kreise und die Agentur für Arbeit wären erheblich. Schätzungen gehen von höheren Verwaltungskosten auf kommunaler Seite von deutlich über 50 % aus. Auch bei den Agenturen für Arbeit ist mit höheren Verwaltungskosten zu rechnen.

Anlagen

Anlagen:

 

Resolutionsentwurf

 


 

 

 

Sichtvermerke

 

Geschäftsbereichsleiter

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Häusler                                         Schuster

Dezernent

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Rettenmaier

Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Resolutionsentwurf (862 KB)