Bürgerinformationssystem

Vorlage - 024/08  

 
 
Betreff: Armutsbericht für den Ostalbkreis
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
08.04.2008 
Gemeinsame Sitzung des Sozialausschusses und des Jugendhilfeausschusses ungeändert beschlossen   
Sozialausschuss Entscheidung

Antrag der Verwaltung:

Antrag der Verwaltung:

 

1. Der Erstellung eines Armutsberichtes für den Ostalbkreis auf der Grundlage der
vorgeschlagenen inhaltlichen bzw. thematischen Abgrenzung (Seite 4) wird zugestimmt.

 

2. Die Verwaltung wird im Rahmen der im Kreishaushalt 2008 veranschlagten Mittel
ermächtigt, ein Fachbüro mit der Erarbeitung des Armutsberichtes zu beauftragen.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung:

 

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

 

Im Rahmen der Stellungnahme der SPD-Kreistagsfraktion zum Kreishaushalt 2008, hatte Fraktionsvorsitzender Klaus Maier am 20.11.2007 verschiedene Herausforderungen und Aufgabenfelder der Sozial- und Jugendhilfe angesprochen. Er hatte unter anderem gefordert, Strategien zu entwickeln und Netzwerke zu knüpfen, mit denen das Problem Armut und Benachteiligung eingedämmt werden könnte. Ein gesellschaftlicher Skandal sei die Kinderarmut. Es sei untragbar, dass heute jedes 6. Kind von Armut betroffen sei.

 

Es bedürfe zudem großer Anstrengungen, um Integrations- und Sprachprobleme der neuen Bürger zu überwinden und Suchtproblemen und der Überschuldung vieler Menschen zu begegnen. Die SPD-Kreistagsfraktion wolle die Menschen ins Blickfeld rücken, die eine Grundsicherung, sei es wegen zu geringer Altersrente oder Behinderung, erhalten. Man müsse den Ursachen nachgehen, warum dieser Personenkreis größer wird.

 

Um all die damit zusammenhängenden Fragen zu beantworten und eine Arbeitsgrundlage für die Kreispolitik zu bekommen, stellte die SPD-Kreistagsfraktion den Antrag, einen Armutsbericht zu erstellen. Dieser Bericht solle alle die Themen umfassen, die in der Stellungnahme zum Kreishaushalt 2008 angesprochen wurden und auch auf die Arbeit der gesellschaftlichen Gruppen eingehen, die sich mit sozialer Sicherung und Jugendhilfe befassen.

 

In der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses am 04.12.2007 wurden die Anträge aus den Reihen der Fraktionen beraten, unter anderem auch der von der SPD-Kreistagsfraktion gewünschte Armutsbericht. Kreisrat Klaus Maier verdeutlichte dabei den Wunsch der SPD-Kreistagsfraktion, eine Informationsgrundlage zu erhalten, um beispielsweise darüber diskutieren zu können, wie sich Städte und Gemeinden stärker in dieses Thema einbringen können.

 

Was Vorgehensweise und Inhalt betrifft, gab es allerdings in dieser Sitzung und auch bis heute keine Festlegung. Über das „grüne Deckblatt“ zum Kreishaushalt 2008 wurden für die Erstellung eines Armutsberichtes und für den Ausbau der Schuldnerberatung Mittel von insgesamt 100.000 € zur Verfügung gestellt.

 

 

II. Inhaltliche Abgrenzung des Armutsberichts

 

 

Die Bekämpfung von Armut in den unterschiedlichsten Ausprägungen, in denen sie in Erscheinung tritt, ist auch eine Aufgabe der kommunalen Ebene, wo die direkte Verantwortung für eine umfassende Daseinsvorsorge für Bürgerinnen und Bürger liegt. Herkömmliche Armutsbilder, wie z. B. die in 1950er und 1960er Jahre noch sichtbare Altersarmut haben sich verändert. Damit hat sich jedoch nicht die Armutsproblematik insgesamt erledigt, sondern lediglich auf andere Lebenslagen und Problemgruppen verlagert. Armutsbilder werden heute unter anderem durch Langzeitarbeitslosigkeit, Alleinerziehung, Migration, Kinderreichtum, chronische Krankheit und Suchtkrankheit geprägt und weisen damit ein weit verzweigtes Profil auf. Die Kommunen sehen sich diesbezüglich einer hohen und nicht leicht zu bewältigenden Belastung ausgesetzt.

 

Um den unterschiedlichsten Formen von Armut aktiv begegnen zu können, ist eine differenzierte Kenntnis ihrer Ausprägungen und Ursachen erforderlich; nur auf einer hinreichend informativen und gesicherten empirischen Grundlage ist es möglich, Gegenstrategien spezifisch abzustimmen und vorausschauend zu planen.

 

Ein solches Vorgehen bedarf einer sorgfältigen Vorbereitung

 

- der inhaltlichen Aspekte,

- der erforderlichen und verfügbaren Datengrundlagen,

- der methodischen Herangehensweise und

- der organisatorischen Umsetzung.

 

Ein Armutsbericht, der nur eine Ansammlung von Daten, Fakten und Informationen enthält, ist aus Sicht der Verwaltung nicht ausreichend, wenn der Anspruch gestellt wird, effektive und auf der kommunalen Ebene umsetzbare Handlungsansätze zu entwickeln. Letztendlich muss ein Armutsbericht dazu dienen, realistische Ansatzpunkte zur Optimierung der kommunalen Armutsbekämpfung darzustellen.

 

Vor diesem Hintergrund muss der Bericht eine detaillierte Analyse von

 

- Belastungen in verschiedenen Lebensbereichen,

- deren Erscheinungsformen und Ursachen,

- den in besonderer Weise belasteten Bevölkerungsgruppen sowie

- den vorhanden Hilfestrukturen

 

liefern.

 

Dabei spielen nicht nur materielle Lebensverhältnisse, sondern auch weitere Einflussfaktoren wie Bildung, Beschäftigung bzw. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Wohnsituation, Trennung und Alleinerziehung, soziale Netzwerke und anderes eine Rolle. So steht z. B. für Kinder bei der Frage, in wie weit sie ein hohes Armutsrisiko haben, der Bereich der Bildung im Vordergrund. Für Seniorinnen und Senioren stehen die Chancen zur gesellschaftlichen Partizipation im Zentrum. Diese werden entscheidend durch ihre Gesundheit, Bildung und soziale Netzwerke geprägt.

 

Die hier nur in Grundzügen skizzierten Ansätze bilden den theoretischen Rahmen, innerhalb dessen die Armuts- und Sozialsituation benachteiligter Bevölkerungsgruppen im Ostalbkreis untersucht, Ansatzpunkte zur Verbesserung aufgezeigt und ein handlungsorientierter Armuts- bzw. Sozialbericht erstellt werden kann.

 


Aus Sicht der Kreisverwaltung sollte der Armutsbericht folgende Inhalte aufweisen:

 

1.            Konzept des Armutsberichts

1.1.             Zielsetzung

1.2.             Begriffsbestimmung „Armut“

1.3.             Methodik der Berichterstattung

1.4.             Datengrundlage


2.            Lebensbereiche und Armutsrisiken

2.1.             Einkommen
(Vermögen, Kapital, verfügbares Haushaltseinkommen, Transferleistungen – z.B. ALG II, Sozialhilfe, Wohngeld, Grundsicherung –, Überschuldung ...)

2.2.             Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit
(Arbeitsmarkt, Arbeitskraftpotenzial, Vermittlungshemmnisse ...)

2.3.             Bildung und berufliche Qualifikation
(Kindertagesbetreuung, schulische Bildung, Übergang Schule – Ausbildung/Beruf, Berufsausbildung ...)

2.4.             Wohnen und Wohnumfeld
(Quantitative Wohnraumversorgung, Wohnqualität, Infrastruktur im Wohnumfeld, Obdachlosigkeit ...)

2.5.             Gesundheit
(Physische und psychische Leistungsfähigkeit, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Sucht ...)

2.6.             Behinderung


3.            Bevölkerungsgruppen und Armutsrisiken

3.1.             Familien / Kinder
(Alleinerziehende, kinderreiche Familien, „Kinderarmut“, Trennung und Scheidung ...)

3.2.             Frauen

3.3.             Senioren
(Renteneinkünfte, Grundsicherung, Krankheit, Pflegebedürftigkeit ...)

3.4.             Migranten
(Sprachkompetenz ...)


4.            Situationsanalyse


5.     Handlungsempfehlungen

 

III. Beauftragung eines Fachbüros

 

Die Zielsetzung eines qualifizierten Armutsberichtes muss es sein, Strukturen sozialer Ungleichheit im Ostalbkreis aufzuzeigen und Erkenntnisse für eine Armutsprävention zu liefern. Eine Armutsberichterstattung kann sich nicht nur auf materielle Armut und den Bezug von Sozialhilfe beschränken; sie muss auch nichtmonetäre Faktoren einbeziehen. Dazu ist eine Vielzahl von empirischen Informationen und Daten notwendig, die bislang nicht zur Verfügung stehen.

 

Zur zeitnahen Erstellung eines aussagekräftigen und damit auch handlungsorientierten Armutsberichtes ist aus Sicht der Verwaltung die Einbeziehung und Beauftragung eines Fachbüros erforderlich. Die Sozialplanung innerhalb des Sozialdezernates (1 Stelle) ist derzeit mit einer Fülle von Planungsaufgaben in den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe und Jugendhilfe befasst, die teilweise termingebunden ist. Es muss auch davon ausgegangen werden, dass selbst bei Beauftragung eines Fachbüros umfangreiche Zuarbeit durch das Sozialdezernat geleistet werden muss.

 

Um insbesondere Rahmen und Inhalte eines extern zu erstellenden Armutsberichtes abzustecken, wurden bereits Vorgespräche geführt. Die bisherigen Projektskizzen der Fachbüros bestehen im Wesentlichen aus 2 grundlegenden methodischen Schritten und einem optionalen Zusatzmodul:

 

Im ersten Schritt sollen verfügbare statistische Daten recherchiert und ausgewertet werden. Die Situation in verschiedenen Lebensbereichen wird auf dieser Basis beschrieben und analysiert.

 

Optional kann diese Recherche mittels einer schriftlichen oder mündlichen Befragung von Bürgerinnen und Bürgern vertieft werden. Dadurch lassen sich z. B. Einschätzungen der Wohnqualität aus Sicht der Betroffenen ermitteln. Auch die Darstellung bzw. Berechnung von Armutsrisikoquoten oder Quoten einer „verschämten Armut“ wäre auf der Basis von Befragungsdaten möglich.

 

Auf der Grundlage der statistischen und ggfs. durch Befragungsdaten erweiterten Situationsanalyse könnten in einem zweiten Schritt praxistaugliche Empfehlungen abgeleitet werden, die gemeinsam u. a. mit Fachleuten aus den Städten und Gemeinden sowie kirchlicher und freier Träger erörtert und auf ihre Anwendbarkeit geprüft werden könnten.

 

Finanzierung und Folgekosten:

Finanzierung und Folgekosten:

 

Die Kosten eines Armutsberichtes für den Ostalbkreis und auch die personelle Verstärkung der Schuldnerberatung des Landratsamtes sind im Kreishaushalt 2008 mit insgesamt 100.000 € finanziell hinterlegt. Im Rahmen dieses Budgets müssten beide Handlungsfelder finanziert werden. Auf die gesonderte Sitzungsvorlage zur Situation der Schuldnerberatung wird verwiesen.

 

 

Anlagen

Anlagen:

 

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Sichtvermerke

 

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Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel