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Vorlage - 014-1/08  

 
 
Betreff: Gentechnikfreie Anbauregion Ostalb
Status:öffentlich  
  Bezüglich:
014/08
Federführend:Geschäftsbereich Landwirtschaft   
Beratungsfolge:
Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung Vorberatung
Kreistag Entscheidung
11.03.2008 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

1.            Der Kreistag unterstützt und fördert den Abschluss von Selbstverpflichtungserklärungen der Landwirte, in denen diese auf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten. Der Kreistag begrüßt, dass keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden. Die Pflanzenproduktion im Ostalbkreis ist gentechnikfrei und soll dies auch bleiben. Die Ostalb ist eine gentechnikfreie Anbauregion.

2.            Der Kreistag fordert klare Kennzeichnungsregelungen für Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Bestandteilen.

3.            Bei Neuverpachtungen kreiseigener Grundstücke wird künftig in die Pachtverträge ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen aufgenommen.

4.            Der Kreistag appelliert an die Gemeinden und alle weiteren Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die Kirchen, bei Neuverpachtung von landwirtschaftlichen Grundstücken künftig in die Pachtverträge ein Anbauverbot für gentechnisch veränderte Pflanzen aufzunehmen.

 

 

Anmerkung:

 

Der Ausschuss für Umweltschutz und Kreisentwicklung hat in seiner Sitzung am 19. Februar 2008 dem Antrag der Verwaltung bei 2 Stimmenthaltungen zugestimmt.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

1.   Einführung:

 

Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist Trägerin der genetischen Information allen Lebens im Zellkern von Pflanzen, Tieren und Pilzen sowie im Zellsaft von Bakterien. Die Gentechnik, das heißt das Erkennen, die Isolierung und die ggf. artenübergreifende gezielte Nutzung von auf der DNA festgelegten genetischen Informationen, ist weltweit ein zukunftsträchtiger, zunehmend bedeutsamer Wirtschaftszweig. Die sog. rote und weiße Gentechnik genießen bei der Bevölkerung – auch aus ethischer Sicht – eine hohe Akzeptanz und sind bereits weit verbreitet.

 

Der Begriff „rote Gentechnik“ umschreibt die Anwendung der Gentechnik in der Medizin zur Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Verfahren und von Arzneimitteln. So wurden 2006 insgesamt 123 Arzneimittel mit 88 unterschiedlichen, gentechnisch erzeugten Wirkstoffen hergestellt (z. B. Insulin, Blutgerinnungsfaktoren, Impfstoffe).

 

Mit „weißer Gentechnik“ ist die Nutzung gentechnisch veränderter Mikroorganismen zur Herstellung von Enzymen, Vitaminen oder Feinchemikalien für industrielle Zwecke, in der Mikrobiologie, Lebensmitteltechnologie und der Umweltschutztechnik gemeint.

 

Unter „grüner Gentechnik“ wird der Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft und im Lebensmittelsektor verstanden. Gentechnisch veränderte Tiere gibt es in der landwirtschaftlichen Produktion (noch) nicht. In das pflanzliche Erbgut werden insbesondere Resistenzen gegen Herbizide oder gegen Schadinsekten eingebaut. Weitere Ansätze sind verbesserte Ölzusammensetzungen beim Raps, neue Stärkemuster bei der Kartoffel oder erhöhte Vitaminkonzentrationen beim Reis. Die Gefahr der Auskreuzung auf verwandte Wildpflanzen, ethische Fragen im Zusammenhang mit der Überschreitung von Artengrenzen sowie gesellschaftspolitische Fragen im Zusammenhang mit einer durch den Einsatz „grüner Gentechnik“ geförderten Industrialisierung der Landwirtschaft führen zu anhaltender Kritik an der „grünen Gentechnik“ und einer außerordentlich kontroversen Diskussion.

 

Die Gentechnik-Gegner sehen das natürliche Gleichgewicht gefährdet und befürchten eine völlige Abhängigkeit der Landwirtschaft von übermächtigen, weltweit agierenden Agrarkonzernen sowie Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier. Die Gentechnik-Befürworter begründen den Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen mit deren höheren Ertragskraft unter unterschiedlichsten Klimabedingungen, setzen im Hinblick auf die Verträglichkeit dieser Pflanzen auf wissenschaftliche Untersuchungen sowie ihre praktischen Erfahrungen in Nord- und Südamerika und sind der Überzeugung, einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers zu leisten. Diese zwei Lager stehen sich oft unversöhnlich gegenüber. Die anhaltende Diskussion nährt die Sorgen und Ängste der Verbraucher und auch vieler Landwirte. Die Gefahr von Auskreuzungen, die Zukunft der Landwirtschaft, die Koexistenz des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen mit dem ökologischen Landbau, die Gesundheit und eine gentechnikfreie Ernährung sind in der Öffentlichkeit die Hauptdiskussionspunkte.

 

2.   Ausgangslage/Fakten:

 

Anbau gentechnisch veränderte Pflanzensorten

 

·               weltweiter Anbau von GVO (gentechnisch veränderten Organismen) auf
        insgesamt 102 Mio. ha, vorwiegend in USA, Kanada, Brasilien, Argentinien,
        Indien, China. Insbesondere Sojabohnen (59 Mio. ha - Eiweißträger im
        Viehfutter!), Mais (25 Mio. ha), Baumwolle (13 Mio. ha), Raps (5 Mio. ha).

·               Anbau in Europa:
Mais: Spanien (60.000 ha), Frankreich (5.000 ha), Deutschland (950 ha von
12 Mio. ha Ackerfläche insgesamt)

Sojabohnen: Rumänien (100.000 ha)

·               70 % der Lebensmittel sind direkt oder indirekt mit Gentechnik in Berührung
        gekommen (GVO-haltige Futtermittel (insbes. Soja, ggf. auch Import-Mais),
        gentechnisch hergestellte Vitamine und Enzyme, z. B. in der Käseherstellung)

·               in Deutschland gibt es jedoch bislang praktisch keine aus GVO-Pflanzen
        hergestellte Lebensmittel, die dann auch kennzeichnungspflichtig wären

·               gentechnisch veränderte Maissorten kämen wohl als erste für einen Anbau in
        Deutschland in Betracht. Diese würden Verwendung finden vor allem in der
        Rindviehfütterung (Maissilage, Körnermais) und in Biogasanlagen.

 

Wirkung gentechnisch veränderte Pflanzensorten

 

·               Bei verschiedenen Kulturpflanzen sind gentechnisch Resistenzen gegen Schadinsekten erzeugt worden. Weltweit werden in mehreren Ländern Bt-Mais und Bt-Baumwolle angebaut.

·               Insgesamt sind 14 gentechnisch veränderte Maissorten mit Resistenzen gegen den Maiszünsler (Mit Hilfe gentechnischer Verfahren wurden aus Bt-Bakterien isolierte Wirkstoff-Gene auf Nutzpflanzen übertragen. Diese Gene produzieren dann in den Nutzpflanzenzellen das für Fraßinsekten giftige Bt-Toxin.) und/oder spezielle Herbizide (hier: ein spezielles Unkrautbekämpfungsmittel, mit dem ein Nutzpflanzenbestand völlig unkrautfrei gehalten werden kann. Nur die gentechnisch herbizidresistent-gemachte Nutzpflanze „überlebt“.) als Lebens- und Futtermittel, zur Einfuhr als vermehrungsfähige Organismen oder zur Verarbeitung, oder zum Anbau in der EU zugelassen. Davon darf in Deutschland derzeit 1 Sorte angebaut werden.

·               5 gentechnisch veränderte Rapssorten, 1 Sojabohnensorte und 1 Zuckerrübensorte mit Herbizidresistenz sind zugelassen, z. B. als Lebens- und Futtermittel und/oder zur Verarbeitung. Eine Anbaugenehmigung in der EU hat bislang keine dieser Sorten.

·               2 Kartoffelsorten mit veränderter Stärkezusammensetzung befinden sich im Zulassungsverfahren. Die Sicherheitsbewertung ist abgeschlossen.

·               Es gibt auch 4 zugelassene Nelkensorten mit verlängerter Haltbarkeit oder veränderter Blütenfarbe.

·               In den bisherigen Anbauversuchen mit GVO in Baden-Württemberg wird das Leistungsniveau der zuzulassenden Sorten geprüft (sog. Wertprüfung) und die Intensität von unbeabsichtigten Pollenübertragungen auf Nachbarfelder untersucht (sog. Koexistenz).

 

Novellierung des Gentechnik-Gesetzes und der Gentechnik-Pflanzen-ErzeugungsVO

 

Stand der Gesetzgebung

 

·               2001 – EU-Freisetzungsrichtlinie

·               2005 – Gentechnik-Gesetz (Haftung beim Anbau von GVO’s, Standortregister,
        siehe unten)

·               Januar/Februar 2008 – Novellierung des Gentechnik-Gesetzes geplant

 

Ziele des Gentechnik-Gesetzes

 

·               Förderung von Forschung und Anwendung der Gentechnik.

·               Ermöglichung der Koexistenz konventionell und ökologisch wirtschaftender
        Betriebe mit Betrieben, die GVO (gentechnisch veränderte Organismen)
        einsetzen.

·               Gesamtschuldnerische, verschuldensunabhängige persönliche Haftung GVO-anbauender Landwirte (wenn GVO-Material in der Nachbarschaft gefunden wird), auch bei Einhaltung der Mindestabstände von 150 m zu konventionellen und 300 m zu ökologischen Nachbarfeldern (bei Mais). Diese - mit dem neuen Gesetzesentwurf nicht gelockerte - Haftung ist das Haupthemmnis für den GVO-Anbau in Deutschland, da die Risiken der Verbreitung des GVO-Materials nicht kalkulierbar sind. Seitens des Bauernverbandes wird die Einrichtung eines Haftungsfonds diskutiert bzw. gefordert.

·               Standortregister = flurstücksgenaue Angabe/Meldung der Grundstücke, auf denen GVO angebaut werden. Die Veröffentlichung des  Standortregisters führte in der Vergangenheit zu Zerstörungen der Bestände und öffentlichen Diskreditierung der betreffenden Landwirte. Häufig sind von diesen Feldzerstörungen auch Versuchsstandorte betroffen.

·               Zulassungs- und Umweltverträglichkeitsprüfungen im Rahmen des Zulassungsverfahrens von GVO-Sorten (Labor - experimentelle Freisetzung - Inverkehrbringen) sollen Risiken minimieren.

·               Gute fachliche Praxis im Umgang mit GVO (Reinigung von Ernte- und Verarbeitungsmaschinen, Unterrichtung der Nachbarn, Einhaltung von Mindestabständen).

 

Kennzeichnung von Lebensmitteln

 

·               Lebens- und Futtermittel, die mehr als 0,9 % GVO-Material enthalten, sind zu kennzeichnen. Diese 0,9 %-Schwelle ist weder toxisch noch „rückstandsbedingt“, sondern eher politisch. Die Schwelle wird sehr kontrovers diskutiert.

·               Derart kennzeichnungspflichtige Lebensmittel sind in Deutschland praktisch nicht auf dem Markt. GVO-Spuren sind in Mais-, Reis- und Sojaprodukten jedoch möglich und in 17 % dieser Produkte (insbes. bei Sojaöl etc.) auch schon nachgewiesen worden.

·               Lebens- und Futtermittel, die mit GVO erzeugt wurden (z. B. Fleisch und Milch von Kühen, die mit gentechnisch verändertem (amerikanischem) Sojaschrot gefüttert wurden oder Einsatz gentechnisch erzeugter Zusatzstoffen Viehfutter wie Enzyme oder Vitamine), müssen nicht gekennzeichnet werden. Eine entsprechende Überwachung, Rückverfolgung ist oft kaum praktikabel leistbar.

·               Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ nach der NVL (neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung) ist jedoch derzeit schon möglich. Die Anforderungen sind jedoch so hoch, dass diese Kennzeichnung bisher kaum genutzt wird.

·               Im ökologischen Landbau gilt eine Null-Toleranz gegenüber Gentechnik.

·               Der Verbraucher hat damit schon jetzt eine Wahlfreiheit.

 

3.   Initiativen des Ostalbkreises:

 

Der Ostalbkreis hat sich bereits am 14.06.2005 mit den Grundlagen der landwirtschaftlichen Gentechnik beschäftigt (Drucksache Nr. 62/05).

 

In der Haushaltsrede der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Haushalt 2005 wurde beantragt, bei der Vergabe von Pachtverträgen und Dienstleistungen im Nahrungsmittelbereich den Anbau und die Verbreitung von gentechnisch veränderten Organismen auszuschließen.

 

Die SPD-Kreistagsfraktion hat 2007 in Schwäbisch Gmünd eine Veranstaltung zum Thema „Gentechnikfreie Ostalb“ durchgeführt. Mit Schreiben vom 15.08.2007 regte sie eine große Anhörung im Landratsamt und ein Ostalb-Gütesiegel an.

 

Am 05.09.2007 fand ein Gespräch von Herrn Landrat mit Vertretern der „Aktion gentechnikfreie Ostalb“ statt. Es wird der Wunsch nach einer öffentlichen Veranstaltung zum Thema Gentechnik und die Behandlung des Themas im Kreistag geäußert.

 

Die aktuelle Novellierung des Gentechnik-Gesetzes hat die öffentliche Diskussion über Gefahren und Nutzen der Gentechnik weiter intensiviert. Aufgrund der o. g. Initiativen sowie der anhaltenden und kontroversen Diskussionen über den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft wurde zu einem öffentlichen Gentechnik-Forum mit anerkannten Experten am 23.01.2008 in das Landratsamt Aalen eingeladen.

 

Die Podiumsdiskussion war außerordentlich gut besucht und führte inhaltlich zu folgendem Ergebnis bzw. zu folgenden Aussagen (Auswahl):

 

Aussagen von Prof. Dr. Jany, Mitglied der Vereinigung „Grüne Gentechnik“:

·               Gentechnik ist aus dem menschlichen Leben kaum mehr wegzudenken. Sie hat zum Ziel, selektiv neue Eigenschaften wie Herbizidresistenzen, Insektenresistenten oder neue Fettsäuremuster ggf. artenüberschreitend in Lebewesen einzubringen. Es handelt sich dabei um Veränderungen in der Erbanlage, die so in der Natur normalerweise nicht vorkommen.

·               Neben diesen beabsichtigten Wirkungen sind auch positive Nebenwirkungen wie eine geringere Mykotoxinbelastung in Bt-Mais zu beobachten.

·               Allergie auslösende Wirkungen sind bislang wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

·               Als schwerwiegendstes Problem sieht der Wissenschaftler die Konzentration der Saatguterzeugung in weltweit nur noch vier Firmen.

·               Für den Verbraucher ergibt sich aus der Gentechnik i. d. R. kein unmittelbarer Nutzen.

 

Aussagen von Frau Fabricius, Gründungsmitglied des Aktionsbündnisses „Gentechnikfreie Region Ostalb“:

·               Die bislang eingesetzte Gentechnik hat noch kein Versprechen wie Dürreresistenz oder Mehrertrag realisiert.

·               Der Pestizideinsatz ist nur während der ersten drei Anbaujahre von gentechnisch veränderten Pflanzen gesunken.

·               Insgesamt sind 7 bis 14 Round-up-resistente Pflanzen entstanden und Resistenzen dadurch potenziert worden.

·               Das Bt-Toxin der Maispflanze bleibt im Boden und wird verfüttert. Es gibt jedoch nur wenige Berichte über Fruchtbarkeitsstörungen oder „umgefallene“ Tiere.

·               Koexistenz ist vor allem mit Blick auf die Kulturpflanze Raps nicht möglich.

 

Aussagen von Herrn Würfel, Ministerium Ländlicher Raum:

·               Die Koexistenz von gentechnisch veränderten und gentechnisch unveränderten Pflanzen ist durch die vorgeschriebenen Mindestabstände im aktuell novellierten Gentechnikgesetz geregelt.

·               Die sehr strenge Gefährdungshaftung hat einen kommerziellen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen bisher weitgehend verhindert.

·               Baden-Württemberg will Transparenz sowohl bei den Veröffentlichungen im Standortregister für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen als auch bei der Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ von Lebensmitteln.

·               Die Ausweisung gentechnikfreier Zonen per Gesetz ist nicht möglich.

 

Aussagen von Herrn Ell-Schnurr, Geschäftsführer beim Demeterverband Baden-Württemberg:

·               Die Öko-Verbände sind sehr unglücklich darüber, dass auch in Öko-Lebensmitteln „nicht vermeidbare Kontaminationen“ z. B. mit gentechnisch hergestellten Vitaminen zulässig sind.

·               Es ist immens aufwändig und teuer, sicher zu stellen, dass Ökolebensmittel nicht mit genveränderten Organismen kontaminiert sind. Diese Kosten müssen an den Endverbraucher weitergegeben werden.

 

Aussagen von Herrn Anton Weber, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Schwäbisch-Gmünd:

·               „Die Ostalb ist gentechnikfrei!“

·               Die Landwirte sind jedoch vielleicht bald in einer Zwickmühle. Einerseits muss die europäische Landwirtschaft wettbewerbsfähig bleiben, andererseits sind noch sehr viele Fragen im Zusammenhang mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen offen.

·               Die geplanten unterschiedlichen Abstände von Bt-Mais zu Öko- und konventionell angebauten Mais sind nicht begründbar.

·               Feldversuche und Gutachten nach deutschen Standards sind erforderlich.

·               Die Haftungsfrage und die vermehrte Abhängigkeit von Großkonzernen sind als Problem erkannt.

·               Import-Lebensmittel, die mit genveränderten Pflanzen erzeugt wurden, sollten deutlich gekennzeichnet werden.

·               Der Anbau von Bt-Mais ist eine unternehmerische Entscheidung jedes einzelnen Landwirts.

·               Die Landwirte sollten derzeit die Hände von genverändertem Saatgut lassen.

 

Ergebnisse der Publikumsdiskussion:

·               Die Ostalb ist derzeit gentechnikfreie Anbauregion!

·               Gentechnikfreie Regionen sind eine historische Chance für die süddeutschen Bauern, sich qualitativ von der übrigen Agrarproduktion abzusetzen.

·               Allgemein wird mehr Forschung und Information gewünscht.

 

4. Gentechnik im Ostalbkreis - Ist-Situation und Ausblick:

 

Gentechnik in der Tierhaltung:

 

Mit ca. 27.000 Milchkühen (abnehmende Tendenz) ist der Ostalbkreis der 5. - 6. rindviehstärkste Landkreis in Baden-Württemberg. Wesentlichste Eiweißquelle in der Rindviehfütterung ist neben Gras und Grassilage das Sojaschrot im sog. Kraftfutter (Mischung aus Getreide und Sojaschrot). Soja wird in der Regel aus Amerika importiert. In Amerika werden weit überwiegend (ca. 80 %) gentechnisch veränderte Sojabohnensorten angebaut.

 

In Europa wird auch gentechnikfreies Sojaschrot (aus Brasilien) angeboten. Die Preise liegen um derzeit ca. 10,00 Euro/dt höher als bei gentechnisch verändertem Sojaschrot. Dieser höhere Preis hat eine Gewinnminderung je Milchkuh und Jahr von ca. 90 Euro zur Folge. Die GVO-Freiheit des Sojaschrotes ist nur sehr aufwändig und teuer festzustellen. Einfacher wären Produktions- bzw. Anbaukontrollen. Der Sojaanbau in Übersee ist jedoch von hier kaum kontrollierbar.

 

Ähnliches gilt für die Schweinefütterung.

 

In der Milch und/oder im Fleisch dieser Tiere sind keine gentechnisch veränderten Bestandteile/Inhaltsstoffe nachweisbar.

 

Wenn dennoch eine Nachfrage nach „garantiert gentechnikfreier Milch“ oder „garantiert gentechnikfreiem Fleisch“ entstünde, wäre die Abdeckung dieser Nachfrage grundsätzlich kein Problem. Die Landwirte müssten lediglich durch einen höheren Erzeugerpreis in die Lage versetzt werden können, gentechnikfreies Sojaschrot ohne Gewinneinbußen einsetzen zu können. Natürlich verursacht die damit verbundene Dokumentation und der Aufbau zwei paralleler Verarbeitungslinien z. B. von Milch und Fleisch weitere zusätzliche Kosten. Alle diese Kosten werden sich im Erzeugerpreis niederschlagen.

 

Gentechnik im Pflanzenbau:

 

Hauptgrund für den weltweiten Anbau von GVO ist die Ausbreitung von Schädlingen und Unkraut aufgrund von Resistenzen und/oder einer fehlenden oder zu wenig ausgeprägten Fruchtfolge.

 

Im Ostalbkreis sind die Fruchtfolgen noch ausreichend „weit“. Daher ist hier auf absehbare Zeit kein unbeherrschbarer Schädlings- oder Unkrautdruck zu erwarten. Aufgrund des kleiner werdenden Rindviehbestandes (Agrarstrukturwandel) ist auch der Maisanbau nach Höhepunkten in den Jahren 1979 und 2004 zurückgegangen. Der Bau von Biogasanlagen hat im Jahr 2007 zu einem minimalen Anstieg der Maisanbaufläche auf insgesamt ca. 6.250 ha geführt. Dies sind nur 18 % der Ackerfläche. Von Monokulturen beim Maisanbau und damit von einer eventuellen „Notwendigkeit“ des Einsatzes gentechnisch veränderter Sorten, z. B. des sog. Bt-Maises, ist der Ostalbkreis daher weit entfernt.

 

Als Schadensszenarien, die eine Nachfrage nach GVO-Sorten zur Folge haben könnten, kommen insbesondere der Befall des Maises mit Maiszünsler oder Maiswurzelbohrer in Betracht.

 

Der Maiszünsler ist durch die üblichen Bodenbearbeitungs-, Pflanzenschutz- und Fruchtfolgemaßnahmen unter den hiesigen Umständen noch gut bekämpfbar.

 

Der Einsatz von Gen-Mais wäre am ehesten zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers vorstellbar. Der Maiswurzelbohrer tritt jedoch erst an wenigen Standorten in Baden-Württemberg auf. Seine Bekämpfung ist aufgrund des späten Befallszeitpunktes und der Höhe des Maises zum Befallszeitpunkt schwierig. Bei Feststellung eines Befalles greifen jedoch Bewirtschaftungsauflagen, darunter auch Fruchtfolge- und Quarantänemaßnahmen. Ein auf die Larven des Maiswurzelbohrers toxisch wirkender Bt-Mais befindet sich zudem erst in der Entwicklung.

 

Aus wissenschaftlicher Sicht und offensichtlich auch aus Sicht des Gentechnik-Kritikers Percy Schmeiser wäre der Einsatz von Bt-Mais in den hiesigen Breiten ökologisch vergleichsweise unproblematisch: Genmais kann nicht auskreuzen, da in der hiesigen Wildflora keine Kreuzungspartner existieren. Maiskörner sind zudem nicht frostresistent. So besteht nach einem normal-kalten Winter mit Frost keine Gefahr des Durchwuchses und damit der unkontrollierten Vermehrung von Bt-Mais-Genen.

 

Der Anteil von Raps an der gesamten Ackerfläche liegt im Ostalbkreis bei ca. 11 %. Auch hier sind Fruchtfolgemaßnahmen und die übliche Pflanzenschutzmaßnahmen bislang ausreichend. Aus ökonomischer Sicht besteht daher keinerlei Notwendigkeit zum Einsatz von Gen-Raps. Zudem ist noch keine GVO-Rapssorte zum Anbau in der EU zugelassen.

 

Schlussfolgerung:

 

Aus pflanzenbaulicher Sicht besteht im Ostalbkreis auf absehbare Zeit überhaupt keine objektive Notwendigkeit des Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen.

 

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

entfällt

 

 

Anlagen

Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

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Dr. Börner


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Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel

 

Stammbaum:
014/08   Gentechnikfreie Ostalb   Geschäftsbereich Landwirtschaft   Beschlussvorlage
014-1/08   Gentechnikfreie Anbauregion Ostalb   Geschäftsbereich Landwirtschaft   Beschlussvorlage