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Vorlage - 002/08  

 
 
Betreff: Öffentliche Beauftragung der Kliniken und Pflegeeinrichtungen des Ostalbkreises mit der Erbringung medizinischer / pflegerischer Dienstleistungen (Betrauungsakt)
Status:öffentlich  
Federführend:Büro des Landrats Beteiligt:Klinik-Eigenbetriebe
    Stabsstelle Rechnungsprüfung
Beratungsfolge:
Ausschuss für Kliniken und Gesundheit Vorberatung
26.02.2008 
Sitzung des Krankenhausausschusses ungeändert beschlossen   
Kreistag Entscheidung
11.03.2008 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Der Krankenhausausschuss empfiehlt / der Kreistag beschließt die öffentliche Beauftragung

 

a)        des Ostalb-Klinikums Aalen

b)        des Klinikums Schwäbisch Gmünd

c)         der St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen

d)        des Pflegeheims für Menschen im Wachkoma Bopfingen

e)        des Waldkrankenhauses Rainau-Dalkingen

 

mit der Erbringung der medizinischen bzw. pflegerischen Dienstleistungen gemäß den in der Anlage beigefügten Betrauungsakten.

 

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

 

1.     Ausgangslage

 

Gemäß dem EG-Vertrag (EGV) dürfen Kommunen keine Beihilfen an Dritte leisten, sofern diese „ ...durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, ... soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen“ (Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag). Eine Ausnahme gilt für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, soweit die Anwendung des Vertrags (hier: Beihilfenrecht), die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert (Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag). Die Regelungen zum Beihilfenrecht gelten auch für kommunale Eigengesellschaften oder Unternehmen, die kommunale Aufgaben erbringen.

 

2.     Beihilfebeschwerde der Asklepios Kliniken GmbH

 

Im Januar 2003 reichte die Asklepios Kliniken GmbH eine förmliche Beschwerde bei der Europäischen Kommission ein, um den - nach ihrer Ansicht - wettbewerbsrechtlich unzulässigen Defizitausgleich für öffentliche Krankenhäuser in Deutschland anzuzeigen. Mit der Beschwerde wurde die Kommission aufgefordert, der Praxis des Defizitausgleichs nachzugehen und für den Fall, dass Defizitausgleiche als staatliche Beihilfen anzusehen seien, deren Aussetzung anzuordnen, bis die Kommission eine Entscheidung über die Zulässigkeit derartiger Beihilfen getroffen habe.

 

Resultierend aus dem Altmark Trans Urteil erließ die Europäische Kommission am 28.11.2005 das sogenannte „Monti-Paket“ zur Regelung der Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EGV, mit dem auch die Voraussetzungen benannt wurden, unter denen Ausgleichszahlungen der öffentlichen Hand an Krankenhäuser keine unzulässigen Beihilfen sind.

 

Da eine Antwort auf die Beschwerde der Asklepios Kliniken GmbH weiter ausstand, hatte diese inzwischen am 13.05.2004 Klage beim Europäischen Gericht erster Instanz (EuG) erhoben und beantragt festzustellen, dass die Kommission durch die Tatsache, dass sie zu der eingereichten Beschwerde immer noch keine Entscheidung getroffen hat, gegen ihre Verpflichtungen verstößt. Das EuG hat diese Klage mit dem Urteil vom 11.07.2007 (T-167/04 – Asklepios Kliniken GmbH gegen die Europäische Kommission) abgewiesen, aber in der Sache keine Entscheidung getroffen. Die Frage, ob es sich bei der gängigen Praxis der deutschen Kommunen, Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft durch Defizitausgleiche zu bezuschussen, um eine nach den Vorschriften des EG-Vertrags unzulässige wettbewerbsverzerrende Beihilfe handelt, wird erst noch entschieden werden.

 

Ungeachtet dessen, fordern das Sozialministerium und die Spitzenverbände der kommunalen Gebietskörperschaften die Kommunen auf, die Defizitfinanzierung auf eine beihilfenrechtskonforme Basis zu stellen.

 

3.     Das „Monti-Paket“

 

Mit dem „Monti-Paket“ hat die Europäische Kommission die Konsequenzen aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Anwendung des Beihilfenrechts auf Unternehmen gezogen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind. Leitentscheidung war das Urteil Altmark Trans GmbH gegen die Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH vom 24. Juli 2003 in dem der EuGH über die Zulässigkeit von staatlichen Ausgleichsleistungen zur Finanzierung gemeinwohlorientierter Tätigkeiten im Bereich ÖPNV geurteilt hat.

 

In dem im November 2005 veröffentlichten „Monti-Paket“ hat die EU-Kommission Kriterien für die Zulässigkeit von öffentlichen Beihilfen formuliert. Hierbei handelt es sich um seit dem 29.11.2006 unmittelbar geltendes Recht, das auch von allen deutschen Kommunen und Krankenhausträgern zu beachten ist.

 

Das „Monti-Paket“ stellt Kriterien für staatliche Ausgleichszahlungen im Rahmen der Erbringung von „Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ auf, unter denen Ausgleichszahlungen von vornherein mit dem Europarecht vereinbare Zuwendungen darstellen.

 

Die Regelungen des „Monti-Pakets“ sind damit für den Krankenhausbereich, insbesondere für den Defizitausgleich durch die Kommunen zu Gunsten von Krankenhäusern, von besonderer Bedeutung.

 

Bei dem nach dem ehemaligen EU-Wettbewerbskommissar Monti benannten Paket handelt es sich im Einzelnen um:

 

  • eine Freistellungsentscheidung der Kommission über die Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EGV auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten Unternehmen, als Ausgleich gewährt werden,

 

  • einen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden und

 

  • eine Richtlinie über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.

 

4.     Zulässigkeit von staatlichen Beihilfen nach dem „Monti-Paket“

 

Das „Monti-Paket“ hält für staatliche Ausgleichszahlungen an Einrichtungen gewisse Erleichterungen bereit, mit deren Hilfe es gelingen kann, die Hürde des Beihilfenverbots zu überspringen. Gelingt dies, dann dürfen, unter Beachtung der definierten Voraussetzungen, weiterhin Zahlungen geleistet werden. Daher ist das „Monti-Paket“ für die Rechtmäßigkeit von Ausgleichszahlungen, die Kommunen für die Erfüllung von Aufgaben der Daseinsfürsorge leisten, auch von herausragender Bedeutung.

 

Aus dem „Monti-Paket“ geht klar hervor, dass die Kommission davon ausgeht, dass es sich beim Defizitausgleich an Krankenhäuser um Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EGV handelt. Im Gegensatz zu den Krankenhäusern werden Pflegeeinrichtungen in der Freistellungsentscheidung nicht ausdrücklich genannt, jedoch ist davon auszugehen, dass die Pflegeeinrichtungen grundsätzlich auch in den Geltungsbereich des EU-Beihilfenrechts und der Freistellungsentscheidung fallen.

 

Beihilfen sind nach der De-minimis-Verordnung (Geringfügigkeitsregelung) zulässig, wenn die Gesamtsumme aller einem Unternehmen gewährten Zuwendungen in einem 3-Jahres-Zeitraum 200.000 Euro nicht übersteigt.

 

Wird diese Summe überschritten, sind Ausgleichszahlungen nur noch unter folgenden, durch das Paket definierten, Voraussetzungen ohne Notifizierung (Anzeige- und Genehmigungsverfahren) der EU zulässig:

 

1.     Es muss sich um eine Ausgleichzahlung an Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 100 Millionen Euro handeln und die jährliche Ausgleichszahlung geringer als 30 Millionen Euro sein (De-minimis-Regel) oder - umsatzunabhängig - um eine der ausdrücklich genannten Unternehmensarten, zu denen die Krankenhäuser gehören.

 

2.     Die Ausgleichszahlungen werden für Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gewährt.

 

3.     Die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse muss dem jeweiligen Unternehmen im Wege eines oder mehrerer Verwaltungs- oder Rechtsakte übertragen werden.

 

4.     Die Ausgleichszahlung darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung verursachten Kosten unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und einer angemessenen Rendite abzudecken.

 

5.     Wenn Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nur einen Teil der Tätigkeiten eines Unternehmens ausmachen, müssen die Einnahmen und Ausgaben in den Büchern getrennt ausgewiesen werden.

 

Anders als bei den Krankenhäusern gehören Pflegeeinrichtungen nicht zu den genannten umsatzunabhängigen Unternehmen und unterliegen somit den Voraussetzungen der Ziffer 1 der oben genannten Regelungen. Die Umsatzgrenze von 100 Mio. Euro und die Summe der Ausgleichszahlungen von weniger als 30 Mio. Euro im Jahr dürfte jedoch in der Praxis nur in den seltensten Fällen zu Problemen führen. 

 

Der Begriff Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und der der Daseinsvorsorge sind nicht ganz deckungsgleich. Bei der Entscheidung der Frage, was Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sind, wird den Mitgliedsstaaten ein großer Ermessensspielraum eingeräumt. Daher werden in der Praxis die Mitgliedsländer entscheiden, welche Leistungen sie als Dienstleistungen im allgemein wirtschaftlichen Interesse einstufen. Zur Verdeutlichung wurde deshalb in der letzten Novelle des Landeskrankenhausgesetzes vom 11.10.2007 der § 1 Abs. 1 um folgenden Satz ergänzt: „Bei der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen handelt es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.“

 

Erbringt eine Einrichtung verschiedenartige Dienstleistungen, sind die „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ von den „sonstigen Dienstleistungen“ abzugrenzen. Dies ist zwingend, da für sonstige Dienstleistungen kein Ausgleich gewährt werden darf.

 

Die Übertragung der Dienstleistung (Betrauungsakt) muss an ein bestimmtes Unternehmen gerichtet und rechtlich verbindlich sein. Aus dem Betrauungsakt muss unter anderem Folgendes hervorgehen:

·        Art und Dauer der Gemeinwohlverpflichtungen,

·        das beauftragte Unternehmen und der Geltungsbereich,

·        Art und Dauer der dem Unternehmen gegebenenfalls gewährten ausschließlichen oder besonderen Rechte,

·        die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen und

·        die Vorkehrungen, die getroffen wurden, damit keine Überkompensierung entsteht bzw. überhöhte Ausgleichszahlungen zurückgezahlt werden.

 

Der Sicherstellungsauftrag im Rahmen des Landeskrankenhausgesetzes und des Landespflegegesetzes - allein ohne einen konkreten öffentlichen Auftrag - reicht nach herrschender Meinung hierfür nicht aus.

 

5.     Die spezifischen Voraussetzungen einer Freistellung nach dem „Monti-Paket“

 

Eine Freistellung im Sinne des „Monti-Pakets“ hängt davon ab, ob die in der Freistellungsentscheidung aufgeführten spezifischen Voraussetzungen vorliegen. Wenn dies der Fall ist, ist die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Insgesamt müssen die folgenden Hauptkriterien erfüllt sein:

 

1.      Ein öffentlicher Auftrag, der sog. Betrauungsakt. Dieser muss konkret an das Unternehmen gerichtet und rechtlich verbindlich sein.

 

2.      Die Berechnung der Ausgleichszahlung muss nachvollziehbar erfolgen und die Festlegungen müssen grundsätzlich jeweils im Vorhinein getroffen werden, d. h. bevor die Dienstleistung, die die Ausgleichszahlung auslöst, erbracht wird. Dies geschieht durch den Betrauungsakt in Verbindung mit dem Wirtschaftsplan.

 

3.      Die Vermeidung von Überkompensierung durch Kontrolle. Hier ist das Krankenhaus / die Einrichtung verpflichtet, einen Nachweis über die Verwendung der Mittel zu führen, der durch die Jahresrechnung erbracht werden kann.

 

Der Landkreistag Baden-Württemberg hat bundesweit federführend in Abstimmung mit dem Innen- und Sozialministerium Handlungsvorschläge und Hinweise zur Umsetzung des „Monti-Pakets“ (u. a. ein Muster für einen Betrauungsakt für Kliniken und Pflegeeinrichtungen) erarbeitet und den Landkreisen zur Verfügung gestellt.

 

Aufgrund der Komplexität des Themas bestehen trotz dieser Hinweise noch gewisse Unklarheiten im Bezug auf die praktische Umsetzung und die Belastbarkeit des praktizierten Vorgehens bei einer Überprüfung durch die Kommission bzw. durch die Gerichte. Das Sozialministerium ist jedoch der Auffassung, dass auch unter Einbezug der Unwägbarkeiten auf europäischer Ebene das Muster des Landkreistages eine gute Ausgangsbasis darstellt und eine klare, einheitliche Verfahrensweise schafft.

 

6.     Umsetzung im Ostalbkreis

 

Die vom Landkreistag Baden-Württemberg in Abstimmung mit dem Sozialministerium erstellten Muster eines Betrauungsaktes für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen verweisen bezüglich der Ausgleichszahlungen auf den Wirtschaftsplan der jeweiligen Einrichtung. Sofern sich keine wesentlichen Punkte ändern, genügt daher eine einmalige Betrauung. Der Betrauungsakt muss aber alljährlich durch den Wirtschaftsplan konkretisiert werden. Bei den Kliniken des Ostalbkreises als Eigenbetriebe, dem Pflegeheim für Menschen im Wachkoma Bopfingen als Teilbetrieb des Ostalb-Klinikums sowie bei dem Regiebetrieb Waldkrankenhaus Rainau-Dalkingen stellt die Betrauung einen internen Organisationsakt dar.

 

Zuständig für die Beschlussfassung über den Betrauungsakt ist analog der Zuständigkeit für die Haushaltssatzung der Kreistag.

 

Die in der Anlage beigefügten Entwürfe für die Betrauungsakte des Ostalb-Klinikums Aalen, des Klinikums Schwäbisch Gmünd, der St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen, des Pflegeheims für Menschen im Wachkoma Bopfingen und des Waldkrankenhauses Rainau-Dalkingen basieren auf den vom Landkreistag veröffentlichten Mustern.

Finanzierung und Folgekosten

 

Anlagen

Anlagen

 

Anlage 1: Betrauungsakt des Ostalb-Klinikums Aalen

Anlage 2: Betrauungsakt des Klinikums Schwäbisch Gmünd

Anlage 3: Betrauungsakt der St. Anna-Virngrund-Klinik Ellwangen

Anlage 4: Betrauungsakt des Pflegeheims für Menschen im Wachkoma Bopfingen

Anlage 5: Betrauungsakt des Waldkrankenhauses Rainau-Dalkingen

 


 

 

Sichtvermerke

 

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Wagenknecht


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Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel