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Vorlage - 114/07  

 
 
Betreff: Antrag der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) auf dauernde Einstellung des Betriebes der öffentlichen Eisenbahninfrastruktur Gaildorf - Untergröningen
- Stellungnahme des Ostalbkreises
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t IV Beteiligt:Geschäftsbereich Nahverkehr
Beratungsfolge:
Kreistag Kenntnisnahme
24.07.2007 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Gegen den o. g. Antrag werden vom Ostalbkreis keine Bedenken erhoben.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

1.      Sachverhalt:

 

          Mit Antrag vom 09. Mai 2007 hat die WEG beim Innenministerium Baden-Württemberg als der zuständigen Aufsichtsbehörde den Antrag auf dauernde Einstellung des Betriebes gemäß § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) für die Strecke Gaildorf (West) - Untergröningen gestellt. Mit Schreiben vom 05. Juni 2007 hat das Innenministerium unter anderem das Landratsamt Ostalbkreis zu einer Stellungnahme bis zum 15. Juli 2007 aufgefordert.

 

          Die Eisenbahnstrecke Gaildorf (West) - Untergröningen ist 18,5 Kilometer lang, als eingleisige, normalspurige Nebenbahn ausgebaut und ging am 01. Oktober 1903 in den Betrieb. Sie wurde von 1903 bis 2001 im Personen- und Güterverkehr - zuletzt auch gelegentlich mit Nostalgiefahrten (Dampfzügen) - betrieben. Im Jahr 2001 wurde der Personenverkehr aufgrund einer Untersagung durch das damalige Verkehrsministerium eingestellt. Die Untersagung hatte ihre Ursache in dem schlechten technischen Zustand der Strecke. Von 2002 bis 2005 wurde Güterverkehr noch weiter betrieben und andere Rationalisierungen der Betriebsführung zur Eingrenzung der Betriebskosten vorgenommen. Es fanden (ergebnislose) Gespräche mit dem Landkreis Schwäbisch Hall, den Anliegerkommunen im Landkreis Schwäbisch Hall und der Gemeinde Abtsgmünd über eine potenzielle Übernahme der Strecke und den Weiterbetrieb in kommunaler Verantwortung statt. Am 05. April 2004 erfolgte die technische Sperrung des Abschnitts Laufen - Untergröningen infolge technischer Mängel. Aufgrund eines Streckenbegangs am 05. August 2005 bei dem schwerwiegende, kurzfristig zu beseitigende Mängel auch im Abschnitt der Strecke Gaildorf (West) - Laufen festgestellt wurden, erfolgte am 17. Oktober 2005 die technische Sperrung der Gesamtstrecke.

 

          Die Bahninfrastruktur befindet sich insgesamt in einem schlechten Zustand. In großen Bereichen finden sich stark verbrauchte Schienen der preußischen Form mit Herstellungsdatum vor 1930 und stark verrottete Schwellen aus den 1960er Jahren sowie starker Bewuchs, zum Teil auch im Gleis. Die große Kocherbrücke zwischen Schönberg und Bröckingen sowie die Brücke beim Bahnhof Sulzbach können keinerlei Schubkräfte mehr aufnehmen. Außerdem sind Bahnübergangssicherungsanlagen stark veraltet und störanfällig.

 

          Im derzeitigem technisch gesperrten Zustand der Strecke betragen die jährlichen Vorhaltekosten rund 20.000,-- Euro. Dem stehen geringe Einnahmen aus Vermietungen von rund 2.000,-- Euro im Jahr gegenüber.

 

          Nach einer Schätzung aus dem Jahr 2005 wären im Fall des Weiterbetriebs der Strecke Sofortmaßnahmen im Wert von ca. 205.000,-- Euro erforderlich (Einzelschwellenauswechslung der schlechtesten Schwellen, Vegetationsrückschnitt). Für sonstige dringende Sanierungsmaßnahmen entstünden Kosten von ca. 2.402.000,-- Euro (Auswechseln von ca. 5 % aller Schwellen, Erneuerung von drei Bahnübergängen im Kreuzungsbereich, Erneuerung von Bahnübergangssicherung, Sanierung der großen Kocherbrücke und Erneuerung der kleinen Brücke im Bahnhof Sulzbach u. a.).

 

          Die Kosten im Falle eines Betriebes der Strecke gliedern sich auf wie folgt:

 

- Inspektionen                                                                       ca. 20.000,-- Euro p. a.

- kleine Gleisunterhaltung übrige Strecke                    ca. 10.000,-- Euro p. a.

- Stopfen der Gesamtstrecke (alle drei Jahre) anteilig ca. 47.000,-- Euro p. a.

- Vegetationsrückschnitte auf der gesamten Strecke ca. 15.000,-- Euro p. a.

- jährlich zwei Kilometer Gleiserneuerung                ca. 1.200.000,-- Euro p. a.

- zuzüglich Personal- und Betriebskosten (Zugleitung etc.)

 

          Den genannten Kosten stehen nur minimale Einnahmen gegenüber. Bei Einstellung des Personenverkehrs im Jahr 2001 wurde die Bahnstrecke zuletzt von rund 350 Fahrgästen pro Tag, fast ausschließlich im Schülerverkehr, genutzt. Damit war keine ausreichende Leistungsfähigkeit für einen Beitrag zur Deckung der notwendigen Investitionen gegeben. Im letzten Jahr mit komplettem Güterverkehr (2004) wurden rund 181.100,-- Euro Einnahmen für den Güterverkehr erzielt (28.645 Tonnen mit 1.535 Waggons). Die Werte für den Güterverkehr der Monate Januar bis September 2005 ergeben hochgerechnet eine jährliche Beförderungsmenge von rund 16.000 Tonnen bzw. 725 Waggons. Die hieraus erzielbaren Trasseneinnahmen sind lediglich im fünfstelligen Bereich und reichen weder zur Deckung der Betriebskosten noch zur Finanzierung von Investitionen aus.

 

          Im Jahr 2000 erstellten die Büros „GEVAS“ und „Zeerl“ im Auftrag des Landkreises Schwäbisch Hall eine Studie über die Neukonzeption der Linie 45 Gaildorf - Untergröningen, inklusive einer Kosten-Nutzen-Untersuchung. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass, bezogen auf den Personenverkehr, unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Umstellung auf reinen Busverkehr zu favorisieren sei. Ausschlaggebend hierfür war, dass vergleichsweise geringe Nachfragepotenziale entlang der Strecke vorhanden sind. Auch seien vergleichsweise geringe Reiseverkürzungen zu erwarten. Im Endbericht der Studie wurde ein Investitionsbedarf von rund 9,5 Millionen DM bzw. 4,9 Millionen Euro ermittelt.

 

          Die Gemeinde Abtsgmünd erhebt gegen die dauernde Einstellung des Betriebs der Strecke keine Bedenken, ist jedoch an der Nutzung des Bahnhofareals in Untergröningen durch die Firma Holopack interessiert.

 

          Nach Auffassung des Geschäftsbereichs Nahverkehr gibt es keinen Bedarf für eine Beibehaltung des Bahnbetriebs auf der Strecke Untergröningen - Gaildorf. Die vorhandenen Busverbindungen von Aalen bis Untergröningen und von Untergröningen nach Gaildorf reichen aus, insbesondere auch für die Beförderung der Schüler von Untergröningen nach Gaildorf.

 

 

2.      Rechtliche Würdigung:

 

          Beabsichtigt ein öffentliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen die dauernde Einstellung des Betriebs einer Strecke, so hat es dies bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beantragen. Dabei hat es darzulegen, dass ihm der Betrieb der Infrastruktureinrichtung nicht mehr zugemutet werden kann und Verhandlungen mit Dritten, denen ein Angebot für die Übernahme der Infrastruktureinrichtung durch Verkauf oder Verpachtung zu in diesem Bereich üblichen Bedingungen gemacht wurden, erfolglos geblieben sind, § 11 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG). Die WEG ist dieser Darlegungspflicht wie oben ausgeführt mit ihrem Antrag vom 09. Mai 2007 nachgekommen. Die Ausführungen der WEG sind nachvollziehbar.

 

          Gemäß § 11 Abs. 1 a AEG haben öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen ihre Absicht der Stilllegung im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Nach den Veröffentlichungen können Dritte das öffentliche Eisenbahninfrastrukturunternehmen binnen einer Frist von drei Monaten zur Abgabe eines Angebots für die Übernahme der Strecke auffordern. Die WEG hat ihre Stilllegungsabsicht am 17. Juni 2006 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Innerhalb der drei Monatsfrist bis zum 16. September 2006 gingen keine Anfragen über die Abgabe eines Angebots zur Übernahme der Strecke ein.

 

          Das Innenministerium als zuständige Aufsichtsbehörde hat gemäß § 11 Abs. 2 AEG über den Antrag unter Berücksichtigung verkehrlicher und wirtschaftlicher Kriterien innerhalb von drei Monaten nach Eingang zu entscheiden.

 

          Das Innenministerium sieht nach mehreren Verhandlungen mit der WEG und den Anliegergemeinden sowie auf Grundlage der Studie des Büros GEVAS aus dem Jahr 2000 keine Zukunft für den SPNV auf dieser Strecke. Es beabsichtigt deshalb, dem Antrag auf Stilllegung stattzugeben.

 

          Das AEG räumt der Aufsichtsbehörde allerdings die Möglichkeit ein, die Genehmigung zu einer beantragten Streckenstilllegung unter Berücksichtigung verkehrlicher und wirtschaftlicher Kriterien für einen Zeitraum von einem Jahr zu versagen (§ 11 Abs. 3 und 5 AEG). In diesem Fall sind dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen die aus der Versagung entstehenden Kosten, einschließlich der kalkulatorischen Kosten zu ersetzen, § 11 Abs. 3 AEG. Aus diesem Grund wird das Innenministerium eine Versagung nur aussprechen, wenn zuvor der Ostalbkreis, der Landkreis Schwäbisch Hall oder/und Anliegergemeinden verbindlich die Übernahme der notwendigen Investitions- und Betriebskosten für die Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme des Betriebs für ein Jahr zusagen werden. Eine solche Zusage wäre unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnlos.

 

          Die Stilllegungsgenehmigung nach § 11 AEG ist Voraussetzung für den geplanten Kauf des Teilstreckenabschnitts Gaildorf (West) - Bahnhof Schönberg durch die Firma Rettenmeier. Diese beabsichtigt die genannte Teilstrecke als nicht öffentlicher Eisenbahnstrukturbetreiber gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 AEG für den eigenen Güterverkehr zu nutzen.

 

          Im Innenministerium wird damit gerechnet, dass die WEG für die nicht von der Firma Rettenmeier übernommene Teilstrecke in Bälde einen Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken gemäß § 23 AEG stellt um so den Abbau der Gleisanlagen zu ermöglichen. Die Entscheidung nach § 23 AEG erfolgt durch das Regierungspräsidium Stuttgart in einem Planfeststellungsverfahren. Danach wird es außerordentlich schwierig sein, die Strecke Gaildorf - Untergröningen rechtlich und tatsächlich wieder herzustellen.

 

 

3.      Ergebnis:

 

          Aus fachlicher und rechtlicher Sicht ist der Antrag der WEG vom 09. Mai 2007 ausreichend begründet, nachvollziehbar und entspricht den Anforderungen des § 11 AEG. Die im Auftrag des Landkreises Schwäbisch Hall erstellte Studie der GEVAS aus dem Jahr 2000 hat die von der WEG aufgeführten Finanzierungsprobleme und die beschränkten verkehrlichen Möglichkeiten der Strecke bestätigt.

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Es entstehen weder Kosten noch Folgekosten.

 

 

Anlagen

Anlagen

 

1

 


 

 

Sichtvermerke

 

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Maier


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Dezernat II

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Hubel

Landrat

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Pavel