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Vorlage - 051/06  

 
 
Betreff: Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises
Status:öffentlich  
Federführend:D e z e r n a t V   
Beratungsfolge:
Kreistag Vorberatung
16.05.2006 
Sitzung des Kreistags ungeändert beschlossen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Der Kreistag unterstützt die gemeinsame Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises und der ABO und bittet die Entscheidungsträger bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und des Bundesarbeitsministeriums in Berlin um Zustimmung zur Umsetzung im Rahmen eines regionalen Beschäftigungsmodells für den Zeitraum von 3 - 5 Jahren.

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Die Stadt- und Landkreise waren seit Mitte der 80er Jahre einem fortgesetzten, teilweise explosionsartigem Wachstum der Ausgaben der Sozialhilfe ausgesetzt. Im Jahr 2000 wurden bundesweit rund 2,7 Millionen Hilfeempfänger gezählt. Fast 700.000 davon waren arbeitslos gemeldet.

 

Für die Kommunen war dieser Anstieg der Sozialhilfeausgaben oft mit gravierenden Haushaltsproblemen verbunden, vor allem Städte mit Struktur- und Arbeitsplatzdefiziten waren überdurchschnittlich betroffen. Die vorrangige Arbeitslosenversicherung und auch die Arbeitslosenhilfe waren zum Teil durch Bundesregelungen ausgedünnt, zum Teil konnten sie neuartige Problemlagen (z. B. Arbeitslosigkeit von Zuwanderern) nicht mehr abdecken. Arbeitsmarktpolitik wurde so in gewisser Weise „negativ kommunalisiert“.

 

Die Stadt- und Landkreise reagierten auf diese Situation zunächst defensiv und wenig systematisch. Aus ersten vereinzelten Experimenten Anfang der 90er Jahre mit lokalen Beschäftigungs- und Qualifizierungsinitiativen, hat sich jedoch eine breitere Bewegung Kommunaler Beschäftigungspolitik entwickelt, die in den Jahren 1995 - 2004 eine zunehmende Dynamik entfaltete. Die Kommunen wurden zu einem gewichtigen „Co-Akteur“ der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik; nicht zuletzt deshalb gingen einzelne Reformvorschläge im Vorfeld des SGB II („Hartz IV) davon aus, den Kommunen auch formal eine größere Kompetenz in der Arbeitsmarktpolitik zu geben oder diese sogar ganz unter kommunale Führung zu stellen.

 

Über seine Gesellschaft zur Beschäftigungsförderung (GOB) hatte sich der Ostalbkreis bis Ende 2004 in der Kommunalen Beschäftigungsförderung auf einem Spitzenplatz etabliert. Die frühere gesetzliche Grundlage dafür, das Bundessozialhilfegesetz, ermöglichte einen flexiblen und innovativen Mitteleinsatz und gerade diese Flexibilität und die Berücksichtigung lokaler und regionaler Gegebenheiten waren „das Erfolgsrezept“ der GOB, die mit ihren herausragenden Vermittlungszahlen ein „Pfeiler“ der aktivierenden Sozialpolitik des Ostalbkreises war.

 

 

II. Kombilohnprojekte

 

Die nach wie vor völlig unbefriedigende Situation vieler Arbeitsloser, insbesondere Langzeitarbeitsloser, lässt die dringlichen Rufe nach effizienten und tragfähigen Konzepten zur Überwindung der Beschäftigungskrise nicht verstummen. In jüngster Zeit wächst vor allem die Zahl jener Vorschläge, die mit Hilfe von sogenannten Kombilöhnen die Beschäftigungschancen von niedrig Qualifizierten merklich steigern wollen.

 

Die Notwendigkeit von Kombilöhnen wird in der Regel von zwei Argumenten begründet. Zum einem mit der hohen Zahl von Arbeitslosen die schlecht qualifiziert sind. Zum zweiten mit der wachsenden Zahl derer, die trotz Beschäftigung nur geringe Einkommen erzielen und die damit keinen hinreichenden Anreiz erhalten, mehr zu arbeiten. Beides zusammen weist darauf hin, dass spezielle Programme zur Förderung auskömmlicher Beschäftigung von niedrig Qualifizierten, oft zumindest zur Stabilisierung von deren Einkommen erforderlich sind. Dies soll nach den Vorstellungen der meisten Befürworter von Kombilöhnen sowohl durch eine Verringerung der Arbeitskosten für die Unternehmen, als auch durch eine Verstärkung der Anreize Beschäftigung im Niedriglohnbereich aufzunehmen, erreicht werden.

 

Seit Ende der 90er Jahre ist in Deutschland bereits eine Vielzahl von Kombilohnmodellen erprobt worden. Die meisten wurden nur auf regionaler oder lokaler Ebene umgesetzt. Hinzu kommt eine Reihe von bundesweiten Fördermaßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II und III) sowie die Regelungen zu Minijobs, die de facto auch als Kombilöhne angesehen werden können. Bei den bislang praktizierten Kombilohnmodellen handelt es sich in der Regel um zeitlich befristete Fördermaßnahmen (z.B. für ALG II - Empfänger). Gefördert werden entweder die Arbeitgeber- oder die Arbeitnehmerseite, in wenigen Fällen auch beide Seiten. Die Art der Förderung besteht entweder in direkten Lohnzuschüssen oder in einer Reduzierung/Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge.

 

Der ABO und allen anderen Leistungsträgern des SGB II steht zwar ein differenziertes System arbeitsmarktpolitischer Instrumentarien zur Verfügung. Gleichwohl ist es bislang rechtlich nicht möglich, „passive Leistungen“ die zur Sicherung des Lebensunterhaltes dienen, für „aktivierende Maßnahmen“ einzusetzen. Sämtliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen der ABO müssen aus dem sogenannten Eingliederungsbudget finanziert werden. 2005 standen der ABO 8,4 Mio. € für Eingliederungsleistungen zur Verfügung. Ca. 60 Mio. € wurden für passive Leistungen aufgewendet.

 

 

III. Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises

 

1. Allgemeines

 

Kernstück der Reform von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Personen im Rahmen des SGB II (Hartz IV) ist die Schaffung eines System passiver Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und aktivierender Leistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt.

 

Um zu einem weiteren Ausbau aktivierender Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu kommen, muss ein Paradigmenwechsel herbeigeführt werden. Es muss möglich werden, passive Leistungen in Gestalt von Geldleistungen zum Lebensunterhalt in aktive Arbeitsförderungsleistungen umzuwandeln. Gelder aus dem Leistungsbereich der ABO müssen ins „aktive Budget“ verlagert werden können. Dies würde eine spürbare Ausweitung der Aktivierungspolitik der ABO möglich machen und an die frühere Handlungsweise der GOB anknüpfen.

 


2. Inhaltliche Rahmenbedingungen

 

a) Grundannahmen

 

Die in der Anlage aufgezeigten „Bausteine“ der Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises gehen davon aus, dass die GOB 500 Bezieher von Arbeitslosengeld II - Leistungen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und diese im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sowohl im gewerblichen Bereich, als auch in öffentlichen/gemeinnützigen Beschäftigungsfeldern eingesetzt werden.

 

Der durchschnittliche Aufwand der ABO für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II (Thomas Mustermann) beträgt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung 845,- € monatlich. Der Hilfeempfänger erhält „Netto-Leistungen“ in Höhe von 637,- € monatlich.

 

b) Arbeitnehmersituation im Beschäftigungsmodell

 

Unter Berücksichtigung eines Stundenlohns von 5,- € und eines Lohnaufschlages von 10% (Anreizfunktion) erzielt ein Arbeitnehmer im Rahmen des dargestellten Modells ein Monatseinkommen von 929,50 € und damit einen Mehrbetrag von 292,50 € gegenüber seinen bisherigen ALG II - Leistungen.

 

c) Kosten für Arbeitgeber

 

Arbeitgeber, die im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung Arbeitsplätze für ALG II-Empfänger anbieten, zahlen einen Stundenlohn in Höhe von 5 € und damit ein Monatsentgelt in Höhe von 845,- €.

 

d) Aufwand für ABO

 

Die ABO übernimmt die anfallenden Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) in Höhe von 208,- € monatlich und den 10%-igen Lohnaufschlag.

 

e) Gesamtausgaben

 

Für 500 Beschäftigte würden sich Jahresgesamtausgaben in Höhe von 8.325.000 € ergeben. Die ausgewiesenen Infrastrukturkosten für Anleiter, Werkzeuge, Arbeitsmaterial etc. wurden auf der Grundlage von Erfahrungswerten kalkuliert.

 

 

f) Einnahmesituation

 

Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschäftigungsumfang im Wege der Arbeitnehmerüberlassung 100% erreicht, also jeder Arbeitnehmer 169 Stunden im Monat Arbeitsleistung erbringt, wurde auf der Einnahmenseite ein durchschnittlicher Beschäftigungsumfang von 75% ausgenommen. Die Erlöse aus  der Arbeitnehmerüberlassung und die Einsparungen aus bisherigen ALG II-Aufwendungen ergeben einen Betrag von 8.872.500 €. Soweit zusätzlich Mittel, die dem Ostalbkreis aus dem Europäischen Sozialfonds zur Beschäftigungsförderung zur Verfügung stehen eingebracht werden (470.000,- €), ergibt sich im Saldo der Ausgaben und Einnahmen des Beschäftigungsmodells ein Ertrag von rund 1 Million € jährlich.

 

Die Umsetzbarkeit des Modells hängt ganz wesentlich davon ab, dass neben der Umwandlung von ALG II in Lohnleistungen („passives Kapital wird aktives Kapital“) die Sozialversicherungsbeiträge in gleicher Höhe anfallen, wie bei der Zahlung von ALG II - Leistungen und keine Lohnsteuer erhoben wird.

 

3. Weiteres Verfahren

 

Die Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises wurde von Landrat Pavel in ihren Grundzügen bei einem Fachtag zur Beschäftigungsförderung im Ostalbkreis am 30.03.2006 präsentiert. Frau Eva Strobel, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit hatte dabei ihre uneingeschränkte Unterstützung erklärt. Zwischenzeitlich wurde das Modell über die Bundestagsabgeordneten Georg Brunnhuber, Norbert Barthle und Christian Lange auch auf die bundespolitische Ebene transferiert. Ebenso wurden Ministerpräsident Günther Oettinger, Sozialministerin Dr. Monika Stolz, Staatssekretär Rudolf Böhmler und die Landtagsabgeordneten aus dem Ostalbkreis um Unterstützung gebeten.

 

 

Anlagen:

Anlagen

 

Konzeptskizze der Beschäftigungsoffensive 2006 des Ostalbkreises

 

 

 

 

Sichtvermerke

 

Dezernent__________________________________________________

Rettenmaier

Dezernat II__________________________________________________

Hubel

Landrat__________________________________________________

Pavel