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Vorlage - 141/05  

 
 
Betreff: Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - KICK
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsbereich Jugend und Familie   
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss Entscheidung
24.10.2005 
Sitzung des Jugendhilfeausschusses zur Kenntnis genommen   

Antrag der Verwaltung

Antrag der Verwaltung

 

Kenntnisnahme

Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt/Begründung

 

I. Ausgangssituation und Allgemeines

 

Zum 01.01.2005 ist das Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG - in Kraft getreten. Bundesweit, so auch im Ostalbkreis, forcieren die öffentlichen Jugendhilfeträger in Form von Arbeitsgruppen und lokalen Bündnissen die Anstrengungen für einen Ausbau von bedarfsgerechten Angeboten der Tagesbetreuung von Kindern. Das wesentliche Ziel ist ein verbessertes Angebot, das Eltern die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie erleichtern soll.

 

In einem zweiten und überraschend schnell folgenden Schritt setzt sich die Reform des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) fort, mit dem zum 01.10.2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe - kurz: KICK.

 

 

II.Ziele der Gesetzesänderung

 

Mit dem seit 01.01.1991 in Kraft getretenen KJHG verbindet sich der Anspruch, das Kinder- und Jugendhilferecht zu einem modernen, auf Prävention ausgerichteten Gesetz auszubauen. Viele Änderungsgesetze wie zum Beispiel die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz, Vorschriften über Zuständigkeiten und Kostenerstattung, die Präzisierung und Systematisierung von Leistungen für seelisch behinderte Kinder- und Jugendliche sowie die Gesetze zur Reform des Kindschaftsrechts bestätigen diese Orientierung.

 

Mit KICK werden nun weitere Änderungen an folgenden Eckpunkten vorgenommen:

 

      Konkretisieren des Schutzauftrags der Jugendhilfe bei Gefahren für das Wohl von Kindern und Jugendlichen

      Stärken der Steuerungsverantwortung des Jugendamtes in fachlicher und wirtschaftlicher Hinsicht

      Verbessern der Wirtschaftlichkeit von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch das Verdeutlichen, dass die Kinder- und Jugendhilfe nachrangig eintritt und nicht Aufgaben einfach dorthin verlagert werden dürfen

     Verwaltungsvereinfachung - insbesondere bei der Kostenheranziehung

 

 

III.Schwerpunkte von KICK

 

1. Schutzauftrag des Jugendamtes

 

Vor dem Hintergrund spektakulärer Fälle von Kindeswohlgefährdung (Vernachlässigung, sexueller Missbrauch) schien es geboten, den aus dem staatlichen Wächteramt (Artikel 6 Abs. 2 Satz 2 GG) abgeleiteten Schutzauftrag des Jugendamtes gesetzlich eindeutiger zu formulieren. Mit der Einordnung des Kinder- und Jugendhilferechts in das Sozialgesetzbuch und vor dem Hintergrund der Dienstleistungsdebatte in der sozialen Arbeit ist in der Fachpraxis der Jugendämter sowie der leistungserbringenden Einrichtungen und Dienste Unsicherheit darüber entstanden, ob und wie mit Informationen Dritter über (drohende) Kindeswohlgefährdung bzw. mit eigenen Wahrnehmungen einschlägiger Symptome umzugehen ist. Jugendämtern wird in der Öffentlichkeit oft vorgeworfen, trotz Kenntnis von Gefährdungen untätig geblieben zu sein oder eine rechtzeitige und notwendige Risikoabschätzung versäumt zu haben. Dabei hat sich gezeigt, dass wesentliche Aspekte, wie z.B. das Recht des Jugendamts auf Informationsbeschaffung, die Pflicht der Mitwirkung der Eltern und die Beteiligung dritter Institutionen wegen ihrer Grundrechtsrelevanz einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedürfen.

 

Mit der gesetzlichen Änderung wird klargestellt, dass das Jugendamt Hinweisen über eine drohende Kindeswohlgefährdung nachgehen, sich weitere Informationen zur Klärung verschaffen und sodann eine Risikoabwägung dahin gehend vornehmen muss, ob das Kind besser durch Hilfe für die Familie oder die Einschaltung des Familiengerichts geschützt werden kann oder ob schließlich andere Institutionen wie Polizei oder Psychiatrie informiert werden müssen, weil sie zur Abwehr der Gefährdung besser geeignet sind. Zu beachten ist, dass die Risikoeinschätzung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte zu treffen ist und die Eltern verpflichtet sind, dabei mit zu wirken.

 

Mit diesem konkretisierten Schutzauftrag verbunden ist die Neuregelung der Inobhutnahme sowie eine verschärfte Prüfung der persönlichen Eignung von Personen in der Kinder- und Jugendhilfe.

 

Mit der Neuregelung wird somit der Auftrag und die zentrale Verantwortung des Jugendamtes sowohl für die Gefahrenabwehr als auch die ggf. erforderliche Kooperation verschiedener Institutionen konkretisiert und festgeschrieben.

 

 

2. Stärkung der Steuerungsverantwortung des Jugendamtes

 

In den vergangenen Jahren wurde wiederholt beklagt, dass die Jugendämter sowohl von anderen Institutionen (Schule, Psychiatrie, Arbeitsverwaltung) aber auch von Bürgern als „bloße“ Zahlstelle für von dritter Seite angeordnete oder selbst beschaffte Leistungen in die Pflicht genommen werden. Diese Praxis steht im Widerspruch zur Systematik des SGB VIII, das dem Jugendamt die Funktion eines Leistungsträgers zuweist, der die Kosten grundsätzlich nur dann trägt, wenn er selbst auf der Grundlage des SGB VIII und dem dort vorgesehenen Verfahren über die Eignung und Notwendigkeit der Hilfe entschieden hat. Ferner sollen vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Kassen die Leistungen gezielt den jungen Menschen zu Gute kommen, die der Unterstützung bedürfen. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Eindämmung der Selbstbeschaffung von Leistungen, durch striktere und zielgenauere Formulierungen der Leistungsvoraussetzungen bei der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und durch eine Qualitätssicherung bei intensiv pädagogischen Maßnahmen im Ausland bzw. die Rückführung dieser Maßnahmen auf Ausnahmefälle.

 

Gleichzeitig soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe unabhängig von seinem Entscheidungsprimat zulassen, dass niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung, gewährleistet ist.

 

Ein sehr bedeutsamer Aspekt ergibt sich durch die Änderungen zur Förderung in Tageseinrichtungen. Der öffentliche Jugendhilfeträger trägt danach die Verantwortung und soll (muss) sicherstellen , dass Fachkräfte und Eltern zusammenwirken, damit für Kinder Brüche in den Übergängen zwischen einzelnen Betreuungsformen (z.B. Kindergarten - Schule) vermieden werden.

 

 

3. Nachrangigkeit der Jugendhilfe

 

Der Nachrang war bislang insbesondere im Verhältnis zu Trägern anderer Sozialleistungen geregelt. Neu ist, dass der Begriff „andere“ Institutionen auch solche außerhalb des Sozialleistungsrechts umfasst, insbesondere die Schulen und die für das Schulwesen zuständigen Behörden.

 

Mit KICK wird verdeutlicht, dass Jugendhilfe nicht der „Reparaturbetrieb“ für die Versäumnisse anderer ist. Die Schulen müssen verstärkt ihrem Erziehungs- und Bildungsauftrag nachkommen und dürfen sich ihrer Verantwortung zum Beispiel bei Teilleistungsstörungen von Kindern nicht zu Lasten der Jugendhilfe einfach entziehen.

 

Weitere Elemente zur Realisierung des Nachrangs sind eine stärker an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern orientierte Gestaltung der Kostenbeteiligung, die Berücksichtigung des Kindergeldvorteils bei Leistungen, die den Unterhalt des Kindes aus öffentlichen Kassen sichern und die Schaffung eines Landesrechtsvorbehalts für die Erhebung von Gebühren und Auslagen für öffentliche Dienstleistungen.

 

Der eingefügte Absatz 2 in § 10 SGB VIII stellt klar, dass unterhaltspflichtige Personen zu den Kosten herangezogen werden und er verdeutlicht zugleich, dass Leistungen der Jugendhilfe unabhängig von einer Unterhaltsverpflichtung gewährt werden. Durch die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung wird dem Grundsatz der Selbsthilfe und der primären Verantwortung von Eltern für die Erziehung ihrer Kinder Rechnung getragen. Dennoch kann aus unterschiedlichen Gründen ein erzieherischer Bedarf bestehen, der seitens der Eltern nicht gedeckt werden kann. In diesen Fällen werden Leistungen der Jugendhilfe gewährt, ohne jedoch die Eltern aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Dem wird auch durch die Pflicht zur Kostenbeteiligung Ausdruck verliehen.

 

 

4. Verwaltungsvereinfachung

 

Diese Zielsetzung bezieht sich vor allem auf die Neuregelung der Kostenheranziehung.  Mit einer Kostenbeitragsverordnung wurde erstmals eine bundeseinheitliche Berechnungsgrundlage geschaffen. Der jeweilige Kostenbeitrag orientiert sich am individuellen Einkommen. Entlastende und belastende Elemente werden durch unterschiedliche Beitragsstufen sowie durch die Zuordnung zu höheren oder niedrigeren Einkommensgruppen berücksichtigt. Während bisher Eltern unter bestimmten Umständen auch ihr Vermögen einsetzen mussten, können sie zukünftig nur noch aus ihrem Einkommen herangezogen werden. Das Kindergeld ist in jedem Fall von den Eltern als Mindestkostenbeitrag einzusetzen. Bisher galt es als Einkommen des Kindes und konnte nur in bestimmten Fällen in Anspruch genommen werden.

 

Die bisher unterschiedliche Berechnung der Elternbeiträge für die Tageseinrichtungen und die Kindertagespflege wurde aufgegeben. Auch wenn dadurch die kommunalen Gebietskörperschaften ohne eine landesrechtliche Regelung sozial gestaffelte Pauschalbeträge festsetzen können, geht die Verwaltung von gemeinsamen und einheitlichen Empfehlungen durch den Landkreistag und Städtetag aus.

 

Eine Übergangsfrist bis zum 31.03.2006 lässt den Jugendhilfeträgern Zeit, die bisher erhobenen Beträge an das neue Recht anzupassen und neu festzusetzen. Ferner sollen durch eine Übergangsregelung all zu große Mehrbelastungen und Härtefälle für die Kostenbeitragspflichtigen abgefedert werden.

 

Finanzierung und Folgekosten

Finanzierung und Folgekosten

 

Die finanziellen Auswirkungen des KICK werden in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedlich sein. Während die Umsetzung des Schutzauftrags, der Inobhutnahme und die vereinfachte Berechnung der Kindertagespflege kostenneutral gesehen wird, ist von Mehrbelastungen für die Beratung zum Umgangsrecht, zur Erweiterung des Personenkreises bei Vater/Mutter - Kind - Einrichtungen und der Aufstockung des Pflegegeldes für Vollzeitpflege auszugehen. Entlastungen werden durch die Anhebung der Anspruchsschwelle bei drohender seelischer Behinderung, der Steuerungsverantwortung des Jugendamts und der vereinfachten Berechnung der Kostenbeiträge für Hilfen zur Erziehung unter Berücksichtigung des Kindergelds erwartet.

 

Anlagen:

Anlagen

 

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Sichtvermerke

 

Geschäftsbereich__________________________________________________

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Dezernent__________________________________________________

Rettenmaier

Dezernat I__________________________________________________

Wolf

Dezernat II__________________________________________________

Hubel

Landrat__________________________________________________

Pavel